Dunkle Wolken

Es wird finsterer unter dem Cloud-Himmel. Und es wird teuer, richtig teuer. Derweil beweihräuchert sich die Branche selbst. Das soll über den ausbleibenden Fortschritt hinwegtäuschen.

Die Quittung für die Cloud-Enthusiasten (cloud first) kommt mit der Rechnung. Die Anbieter sind dabei, ihre Preise deutlich anzuheben, SAP noch mit bescheidenen gut drei Prozent, dafür aber jährlich automatisch, Spitzenreiter Microsoft ist mit bis zu 25 Prozent dabei. Schuld daran ist nicht allein die Inflation. Für das angebliche Jahrzehnt kontinuierlicher Innovation (O-Ton Microsoft) und die Anhäufung mit recht fragwürdiger Funktionalität sei dies gerechtfertigt für den behaupteten gewachsenen funktionalen Wert (wieder O-Ton Microsoft). Und Geiz heißt die neue Tugend für den Umgang mit Rabatten. Dann können sich für die Erhöhung der monatlichen Raten Spitzenwerte bis zu 35 Prozent ergeben, so ein Software-Lizenzberater.

Zum Trost überschlägt sich die Bildzeitung der Branche, die Coputerwoche, dieser Tage mit der dutzendweisen Ausrufung von CIOs des Jahres: für Großunternehmen, für Mittelständler, für den Public Sector und für gefühlt noch 20 andere Bereiche. Die einen forcieren partizipative IT mit wenig mehr als Scrum-Abklatsch, die anderen globalisieren ihren Laden und machen Cloud first, zentral und verteilt, Dritte begnügen sich mit handelsüblichen Change-Rezepten, und es gibt noch Vierte, Fünfte, Sechste usw. Kurzum die Branche beweihräuchert sich selbst.

Die Einstiegsdroge ...

Die günstigen Preise der Stunde Null, die Einsparpotenziale für eigene Hardwareparks und Softwarewartung, das ließ die Controler-Herzen höher schlagen. Sicher gibt es Situationen, in denen Cloud-Lösungen als das Non-plus-Ultra erscheinen, z.B. für kleine schnell wachsende Mittelständler oder Unternehmen, bei denen die Grundlast nur einen Bruchteil der Spitzenlast ausmacht.

... und die Realität

Doch jenseits dieser Szenarien schnappt nun die Falle langsam zu:

So wundert es nicht, dass viele Firmen wieder leise weinend Abschied nehmen von der übermäßigen Forcierung des Verlagerns ihrer Anwendungen in die Cloud. Bei den einen wird cloud only zu cloud first abgestuft, die anderen entwickeln Skepsis und fangen an, sich wieder mit den Vorzügen von on-premise-Lösungen zu befassen.

 

 

 

 

Karl Schmitz, November 2022