Nürtingen. Die Geburtsstadt von Harald Schmidt droht ihren Sympatiebonus zu verspielen – jedenfalls bei uns. Denn Nürtingen ist Sitz der Aurenz GmbH, die das Produkt WebFox vertreibt. Unsere Berichterstattung hat der Firma nicht gefallen, und so hat sie eine Anwaltskanzlei aus dem benachbarten Tübingen mit einem Rundumschlag beauftragt. „Abmahnung wegen Urheberrechtsverstoß und Verstoß gegen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ heißt das dann.
Wir hatten geschrieben, dass wir Webfox, eine Software, mit der man das private Surfen im Internet kontrollieren kann, als wenig hilfreich sehen, eine Software, die mehr Verwirrung stiftet als Klarheit bringt, an der wir aber durchaus ein paar gute Haare gelassen haben: Man kann die Nutzungsprotokolle nämlich verschlüsseln und die Einsicht in die Protokolle an einen Account mit zwei getrennten Passwörtern binden.
Unsere Kritik hat den Herren von der Firma Aurenz nicht gepasst. Nun haben wir ja keine Zensur, mit der man unliebsame Berichte einfach verbieten kann. Also geht man über die Dörfer suchen, was sich dann so einwenden lässt. Und da wird es gleich lustig. Zwei als Zitate benutzen lumpige Bildschirmbildchen, die in ausgesprochen dröger Form zeigen, wie man sich ein Zeitguthaben für das private Internetsurfen einrichten kann und wie man diese private Nutzung durch Klicken auf einen gelben Button startet, sollen ein Verstoß gegen das Urheberrecht sein. Auszug aus dem Abmahnungsschrieb:
Wir dürfen Sie darauf hinweisen, dass durch die Übernahme dieser zwei Grafiken in Ihrem Artikel ein Urheberrecht unserer Mandantschaft im Sinne von § 2 Urhebergesetz verletzt worden ist.
Ausdrücklich dürfen wir Sie darauf hinweisen, dass hier zu Ihren Gunsten nicht von einer Einschränkung des Urheberrechts gemäß § 51 Urhebergesetz ausgegangen werden kann.
Und genau hier wären wir neugierig gewesen auf die Begründung. Doch leider Fehlanzeige, da kommt nichts mehr. In § 51 UHG heißt es in handelsüblichem Juristendeutsch:
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang
- einzelne Werke nach dem Erscheinen in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,
- Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden ...
Mehr als hier steht, haben wir nicht getan. Wenn das nicht mehr erlaubt wäre, dann könnten wir unsere ganze Internet-Site mit ihren Berichten über viele andere Softwaresysteme einmotten.
Der Abmahnungstext holpert sich dann eine ganze DIN-A4-Seite lang durch verschiedene Vorwürfe, einmal dass wir die unserer Auffassung nach abwegige Rechsauffasung der Frau Rechtsanwältin, die das Schriftstück verfasst hat, nicht teilen, dann dass wir Sachverhalte verkürzt und nicht den Tatsachen entsprechend wiedergegeben hätten. Sehen wir anders, aber so what.
Den Vogel endgültig abgeschossen hat die Rechtsanwaltskanzlei mit ihrer Behauptung, unsere „falschen Darstellungen“ stellten „einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ dar. Dass wir soviel Einfluss haben sollten, hätten wir nie gedacht.
Unsere Empfehlung an die Firma Aurenz: Lasst die schöne Nürtinger Kirche im Dorf.