Software-Design Reporting

Softwaresysteme sind Arbeitssysteme. Sie sollen die Menschen in der konkreten Arbeitssituation unterstützen. Dazu gehören insbesondere

Das Reporting soll die Abläufe und Erfolge des Geschäftsgeschehens dokumentieren – und Anhaltspunkte für Verbesserungen in der Zukunft liefern. Jedes Reporting ist aber auf die Beobachtung vergangener Prozesse ausgerichtet und hat deshalb eine meist überschätzte Bedeutung für die Zukunft. Es sollte sich daher auf wenige Kennzahlen konzentrieren, die sich auf anerkannte Probleme bzw. Ziele des Unternehmens beziehen. Diese Kennzahlen sollten allen Akteuren bekannt sein. Sie sollten schnell (ohne zeitraubende Change-Prozesse) geändert oder durch andere Kennzahlen ersetzt werden können, in unmittelbarer Reaktion auf veränderte Problemlagen. Solche Reporting-Programme sind vorbereitete parametrisierte Programme, d.h. dem Benutzer stehen wenige veränderbare Variable zu Verfügung, z.B. der zu betrachtende Zeitraum, auswählbare Organisationseinheiten, Produkte oder Kunden, je nach Art der Kennzahl. Alte Programme sollten – wenn sie überhaupt erhalten werden – in ein Archiv verbannt werden.

Neben diesem „fetst programmierten“ Auswertungen sollten Tools angeboten werden, mit deren Hilfe die Benutzer selber freie Abfragen formulieren (ausführen und für den späteren wiederholten Gebrauch speichern) können. Dabei ist Folgendes zu beachten:

Perspektiven

Modernere Systeme wie salesforce bieten neben dem Standardprogrammen eine workbench mit hochentwickelten „Halbfertigprodukten“, die dem Kunden als Bausteine für eigenentwickelte Ergänzungen oder zur Modifizierung des Standards zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird die Miniaturisierung der Hardware unterstützt. Diese Programme laufen auf TabletPCs und – zumindest in wichtigen Teilen – auch auf SmartPhones. Salesforce bietet schon jetzt ergänzende Tools, die auch auf wearables, z.B. einer Apple Watch laufen. Diese beiden Trends sind geeignet, den Fokus der Anwendung auf die unmittelbare Unterstützung der Arbeit, sozusagen „vor Ort“ zu legen und damit die Produktivität zu steigern.

Um diese Vorteile nutzen zu können, sollte ein Unternehmen entscheiden, wie es die IT in die Gestaltung ihres Kerngeschäfts integrieren kann - also nicht dem Standard folgen und das tun, was alle tun, sondern sich durch das In-Szene-Setzen des Besonderen vom Wettbewerb zu unterscheiden. Aufmerksamkeit erreicht man durch Anderssein.

Dazu muss das Unternehmen sich eine geeignete IT-Kompetenz aufbauen, die in der Lage ist, mit den webbasierten Techniken umzugehen. Es empfielt sich, in den zu bildenden Teams Mitarbeitende mit soliden Erfahrungen über das Geschäft mit Leuten zusammenzubringen, die die entsprechenden Techniken gelernt haben oder bereit sind, diese zu lernen – sicher auch ein guter Beitrag zur Attraktivität des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt.

Unterstützung der Tagesarbeit

Bearbeitung der Produktstammdaten eines mittelständischen Unternehmens, Prinzip: Alles Wichtige auf einen Blick, keine Parzerllierung der Information durch zahlreiche Reiter, auf die man der Reihe nach klicken muss und immer nur einen Ausschnitt an Informationen zu sehen bekommt.

Viele Informationen, die traditionell nur via Reporting zur Verfügung stehen, sind in die Programme zur Unterstützung des Tagesgeschäfts integriert. In einem Workshop (bzw. einer Workshop-Sequenz) mit den späteren Benutzern wurde festgelegt, was diese für ihre Arbeit brauchen. In dem hier betrachteten Beispiel waren dies

Die folgende Abbildung zeigt das Layout:

Produktstamm
Blick auf die Produktstammdaten

Weitere nützliche Informationen können durch einfache Aktionen des Benutzers eingesehen werden:

Beispiel
Darstellung der Historie von Produktverkäufen

Aus der Historie heraus kann man sich durch Klick auf die Rechnungsnummer jede einzelne Rechnung im Faksimile ansehen.

Für alle diese Zusatzinformationen wurde überlegt, wie deren Anzeige mit minimalen Aktionen des Benutzers erreicht werden kann. Alle Darstellungen sind geräteunabhängig und können auch auf einem TabletPC oder einem SmartPhone angezeigt werden.

Grundsätze für das Reporting

Die vom Unternehmen definierten Ziele sollten in nur wenigen, möglichst zeitreihenfähigen Kennzahlen repräsentiert sein, für die es festprogrammierte (meist stichtagbezogene) Reports gibt. Beispiel Umsatzentwicklung, nach Kundengruppen, nach Produktgruppen, Beobachtungen der Liefertreue usw. Die in den Beispielen betrachtete Firma hat sich nach dem Balanced Scorecard-Verfahren auf ein  knappes Dutzend wichtiger Kennzahlen konzentriert, die in darauf spezialisierten Reports beobachtet werden.

Auf Papierausdrucke sollte weitgehend verzichtet werden. Es ist viel förderlicher, wenn das jeweils zuständige Team auf einem großen Display online die Ergebnisse ansehen und die sich daraus ergebenden Folgen diskutieren kann.  Jeder Report sollte darauf abgeklopft werden, ob eine solcherart Verwendung möglich ist und anderenfalls eingestellt werden.

Bei den weiter angebotenen Reports sollte darauf geachtet werden, dass sie unmittelbar handlungsanleitend sind. Ein Report um seiner selbst willen ist verschwendete Zeit. Er sollte dazu verleiten,dass aus den dargebotenen Informationen unmittelbar Konsequenzen gezogen werden. Beispiele:

Solcherart Auswertungen stehen in direktem Zusammenhang mit Managementaufgaben. Die Liste der „Verlorenen Kunden“ kann dann zum Ausgangspunkt für Initiativen werden, wie man wieder mit diesen Kunden „ins Geschäft“ kommt. Dies sollte als permanente Aufgabe begriffen werden, resultierend aus festgestellten (und hoffentlich diskutierten) Defiziten bzw. dem Zurückbleiben hinter gemeinsam gehegten Erwartungen. Sie in einem Performance Management als Ziele zu definieren, deren Erreichung dann erst nach Jahresfrist festgestellt wird, kann in hohem Maße suboptimal werden. Viele Chancen werden bei diesem Zeitraster nicht gesehen. Dauerhafte Beobachtung des Marktgeschehens ist angesagt – und schnelle Reaktion.

Bei vielen Auswertungen ist das Angebot einer „Drill-Down-Technik“ sinnvoll, d.h. Daten werden zunächst in aggregierter Form angeboten, wobei der Benutzer die Zusammenfassung stufenweise auflösen und das Ergebnis für kleinere bzw. untergeordnete Einheiten betrachten kann. Diese Auflösung kann bis auf die zugrundeliegenden Vorgänge heruntergebrochen werden (z.B. einzelne Verkaufsereignisse). Das Verfahren unterstützt dann einen eher investigativen Stil im Umgang mit den Reports: Verfeinerungen nur dort, wo ein Interesse besteht bzw. wo man einem Problem auf den Grund gehen will.

DrillDown
Auflösung einer Kundengruppenübersicht durch Drilldown

Für interessierte Benutzer sollte das System auch Auswertungsmöglichkeiten bieten, die den Erwerb differenzierterer Kenntnisse der Datenbanktechnik (Umgang mit SQL) voraussetzen. Interesse und Engagement müssen durch Zuwachs an Handlungsmöglichkeiten „belohnbar“ werden.

Die Software sollte sich darauf konzentrieren, die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit, anders gesprochen: die Leistungsmöglichkeit für die Mitarbeitenden, zu verbessern. Damit würde Raum für deren intrinsische Motiviertheit geschaffen. Und die Balance zwischen Kontrolle und Vertrauen ließe sich deutlich in Richtung Vertrauen verschieben. Kontrolle könnte sich auf Supervision und Hilfe in kritischen Fällen beschränken.

Wenn der Fokus auf Handlungsmöglichkeiten erhalten werden soll, dann sollten schädliche Nebenwirkungen vermieden werden. Diese entstehen z.B. wenn man das Erreichen bestimmter Kennzahlen an finanzielle Belohnungen einzelner Personen bindet. Dadurch richtet sich das Interesse der betroffenen Personen auf persönliche Ziele und ist damit induvidualisiert. Die Orientierung an den Problemen des Unternehmens (z.B. mit einem bestimmten Produkt einen größeren Marktanteil oder eine neue Kundengruppe zu erreichen) fixiert auf eine gemeinsame, also in Kooperation zu erreichende Aufgabe und mobilisiert wesentlich mehr Energien der beteiligten Personen. Außerdem werden Zielkonflikte weitgehend vermieden.

Karl Schmitz, November 2015