Im Unternehmen werden an unterschiedlichen Orten Kameras für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Im Außenbereich findet eine "klassische" Überwachung des Betriebsgeländes gegen unbefugte Zutritte statt, im weitgehend automatisierten Produktionsbereich werden die Kameras einerseits genutzt, um Unfälle des Bedienerpersonals zu erkennen, andererseits wird der Fertigungsfortschritt selbst mit den Kameras überwacht.
Die folgende Vereinbarung wurde bei einem mittelständischen Unternehmen abgeschlossen.
Diese Betriebsvereinbarung regelt den Betrieb von Videoüberwachungssystemen mit allen Komponenten. Nicht vom Geltungsbereich dieser Vereinbarung betroffen ist der Einsatz von Kameras, die den Beschäftigten als Kommunikationssysteme zur Verfügung gestellt werden. Diese Vereinbarung gilt für alle Beschäftigte.
Am Betriebsstandort werden drei unabhängig voneinander betriebene Kamerasysteme eingesetzt. Sie dienen den folgenden Zwecken:
a. Kamerasystem Außenanlagen: Kontrolle der Außenbereiche, die von den Pförtnern nicht einsehbar sind sowie der Aufklärung von begangenen Straftaten.
b. Kamerasystem Rollentransport: Verbesserung der Arbeitssicherheit und rechtzeitiges Erkennen von Arbeitsunfällen
c. Kamerasystem Plattenstraße: Überwachung des Produktionsprozesses
Ziel dieser Vereinbarung ist es, die mit dem Systemeinsatz verbundenen Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu minimieren. Leistungs- oder Verhaltenskontrollen werden mit den Systemen nicht vorgenommen, Ausnahmen sind nur im Rahmen der Regelungen dieser Vereinbarung zulässig.
Die Kamerasysteme sind weder untereinander noch mit anderen Systemen verbunden.
Für jedes Kamerasystem sind die eingesetzten Kameras in Anlage 1 mit Angabe des Kameratyps, des Standorts sowie einer stichwortartigen Beschreibung der Leistungsmerkmale dokumentiert.
Es werden keine Töne übertragen. Ereignisgesteuerte Leistungsmerkmale, z.B. die Kopplung an Bewegungsmelder, oder Verfahren zur biometrischen Erkennung von Personen werden nicht genutzt.
Das Aufstellen von Kamera-Attrappen erfolgt nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat.
1. Kamera-Standorte
Die Kameras sind fest installiert, verfügen jedoch über Funktionen zum Schwenken und Zoomen des Kamerabildes. Die Kameras werden so konfiguriert, dass die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erfasst werden können. Die Sichtfelder der Kameras und der Zoombereich sind entsprechend einzuschränken.
Der Betrieb der Kameras erfolgt transparent, d.h. sie werden an deutlich sichtbaren Stellen installiert. Zudem werden in den videoüberwachten Bereichen Hinweisschilder angebracht.
2. Live-BilderDie Live-Bilder der Kameras werden auf die Monitore der Pförtner übertragen. Die Kamerasteuerung (Schwenk- und Zoomfunktionen) erfolgt ebenfalls am Arbeitsplatz des Pförtners. Weitere Funktionen werden am Pförtner-Arbeitsplatz nicht zur Verfügung gestellt, insbesondere nicht die Möglichkeit zum Abruf von Videoaufzeichnungen.
Den Pförtnern werden die Live-Bilder nur zur Unterstützung ihrer Aufgaben angeboten. Die dauerhafte Beobachtung von Personen ist nicht zulässig.
3. Systemadministration und VideoaufzeichnungenDie Konfiguration des Kamerasystems sowie die Einsichtnahme in gespeicherte Videoaufzeichnungen wird nur auf dem Administrations- und Datenserver des Videosystems ermöglicht. Dieser Server befindet sich in einem durch eine Sicherheitsschließeinrichtung besonders geschützten Raum in einem verschlossenen Schrank. Schlüssel erhalten nur die in Anlage 2 benannten berechtigten Personen. Das System-Login ist ebenfalls auf die in Anlage 2 benannten Personen beschränkt und erfolgt passwortgeschützt über personenbezogene Accounts.
Zugriffe auf gespeicherte Videoaufzeichnungen erfolgen nur zur Aufklärung von Straftaten bei einem hinreichend konkreten Anfangsverdacht. Die Einsichtnahme erfolgt nur nach Information und im Beisein eines Vertreters des Betriebsrats. Bei Bedarf können weitere betroffene Personen an der Einsichtnahme teilnehmen. Jede Einsichtnahme wird vom System automatisch protokolliert.
Eine Einsichtnahme durch Dritte oder eine Weitergabe der Videodaten erfolgt nur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft oder aufgrund einer richterlichen Verfügung. Der Betriebsrat ist hierüber unverzüglich zu informieren.
Das ist ein weit reichendes Auswertungsverbot. Das Ansinnen des Polizei-Wachtmeisters von nebenan, zwecks möglicher Hinweise zu einem Diebstahl Einsicht in die Videoaufnahmen zu nehmen, genügt hiernach nicht. Es muss schon die fundierte Notwendigkeit einer Einsichtnahme bestehen, nachgewiesen durch eine richterliche oder staatsanwaltliche Anordnung.
Videoaufzeichnungen werden spätestens nach 5 Tagen automatisch gelöscht.
Die Kameras sind fest installiert, sie verfügen über keine Funktionen zum Schwenken und Zoomen des Kamerabildes. Sie sind deutlich sichtbar anzubringen. Die betroffenen Beschäftigten werden über die Standorte und die Sichtbereiche der Kameras informiert.
Die Übertragung von Kamerabildern erfolgt ausschließlich, um mögliche Arbeitsunfälle, bzw. Produktionsstörungen rechtzeitig zu erkennen. Die Bilder werden nur zu diesem Zweck in den Leitstand übertragen. Eine Aufzeichnung der Kamerabilder erfolgt nicht.
Im Arbeitsraum ist ein Pausenbereich eingerichtet, der von der Videoübertragung ausgeschlossen ist.
In diesem hochtechnisierten Bereich der Produktion ist häufig nur ein Mitarbeiter tätig. Auch der Betriebsrat hatte ein Interesse, dass mögliche Unfälle - im Rahmen eines bestehenden Gesamtkonzept zur Arbeitssicherheit in diesem Bereich - erkannt werden können.
Die in diesem Bereich eingesetzten Kameras sind direkt auf die Fertigungsstraße ausgerichtet, so dass keine Personen vom Kamerabild erfasst werden. Die Kameras verfügen über keine Funktionen zum Zoomen oder Schwenken. Die Kamerabilder werden in den Raum abc übertragen und dienen ausschließlich der technischen Produktionsüberwachung.
Eine Fernwartung der Systeme wird nicht vorgenommen. Die Systemkonfiguration erfolgt ausschließlich vor Ort.
Der Betriebsrat hat das Recht, sich die Systeme und die Systemeinstellungen von den mit der Systembetreuung beauftragten Personen vorstellen und erläutern zu lassen. Auf Verlangen erhält er Einblick in die Protokolle über Einsichtnahmen in Videoaufzeichnungen.
Davon unberührt bleibt das Recht des Betriebsrats, einen externen Sachverständigen nach §80 Abs. 3 BetrVG zur Unterstützung seiner Arbeit zu beauftragen.
Über neue/geänderte Funktionen oder Leistungsmerkmale sowie neue Kameras oder Kamerasysteme wird der Betriebsrat rechtzeitig vor der geplanten Inbetriebnahme informiert. Beide Seiten prüfen dabei, ob die Bestimmungen dieser Vereinbarung eingehalten werden oder ob ergänzende Regelungen erforderlich sind. Auf Wunsch einer Seite werden Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung aufgenommen. Die Inbetriebnahme erfolgt erst nach Zustimmung des Betriebsrats.
Die in den Anlagen enthaltenen Unterlagen sind Bestandteil dieser Vereinbarung. Sie sind auf dem aktuellen Stand zu halten. Änderungen bedürfen des gegenseitigen Einvernehmens.
Macht eine Seite geltend, dass gegen Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung verstoßen worden ist oder neuer Regelungsbedarf entstanden ist, so sind hierüber Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung aufzunehmen.
Kommt in Fällen, in denen diese Betriebsvereinbarung das Einvernehmen vorsieht, dieses nicht zu Stande, entscheidet eine nach § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle verbindlich.
Informationen, die unter Verletzung von Bestimmungen dieser Vereinbarung gewonnen werden, sind unverzüglich zu vernichten und dürfen nicht zur Begründung personeller Einzelmaßnahmen verwendet werden. Das Unternehmen, der Betriebsrat und der Datenschutzbeauftragte sind sofort über die entsprechende Verletzungshandlung zu unterrichten.
Die Betriebsvereinbarung tritt zum xx.yy.zzzz in Kraft. Sie kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende - erstmals zum xx.yy.zzzz – gekündigt werden.
Im Falle einer Kündigung verpflichten sich die Vertragsparteien unverzüglich in Verhandlungen über eine Folgevereinbarung einzutreten. Bis zum Abschluss einer Anschlussvereinbarung wirken die Inhalte dieser Betriebsvereinbarung nach.