Anwendungsbeispiele Künstlicher Intelligenz

Den meisten Menschen fallen vermutlich zuerst die spektalulären Auftritte ein, als 1996 IBMs Deep Blue-Computer den damaligten Schach-Weltmeister Garri Kasparow besiegte, dann 2011 IBMs Watson in der Quiz-Show Jeopady menschliche Champions in den Senkel stellte und ab 2015 Googles Alpha GO in dem im Vergleich zu Schach sehr viel komplexeren Brettspeil GO die weltbesten Spieler schlug. Doch das alles ist public relations, die Wirklichkeit ist weniger dramatisch und vor allem sehr vielfältig. Über jeden Zweifel erhaben Nützliches vermischt sich mit Unsinnigem und schlicht Verwerflichem wie z.B. Killerdrohnen, die sich durch künstliche Intelligenz getriebene Bilderkennung ihre Ziele selber súchen.

Hier ein Überblick, wie er sich im Jahr 2022 darstellt (Sorry, dass wir nicht „heute” schreiben - in den dreißig Jahren, seit wir diese Internet-Seite betreiben, hat sich einfach zu schnell zu viel verändert):

Mustererkennung
 

An bekanntesten sind die Spracherkennungssysteme. Amazon Echo mit seinem System Alexa ist sogar aus vielen Rentnerhaushalten nicht mehr wegzudenken. Ähnlich arbeiten Microsofts Contana oder Google Home. Und Apple wäre sicher beleidigt, wenn man sein Siri vergessen würde. In Apple Business Chat wird Siri eingespannt für Suchdienste aller Art und Dienstleistungen wie Bestellungen. Salesforce, Nuance, Genesys und viele andere Firmen verfahren in ähnlicher Weise. Chatbots wie Nina oder wie sie sonst heißen, sollen über 80 Prozent der Kundenanfrageen beantworten. T-Systems hat sich mit Amelia versucht, vor allen für Kundenerstkontakte. Eine Evaluation der Qualität dieser hochgepriesenen Leistungen findet man leider nicht. Die Systeme wollen sich gerne als artificial coworker präsentieren.

DeepL ist ein Übersetzungstool und glänzt nach Meinung seiner Kunden durch bessere Leistungen als Microsoft und Google. Es ist als neuronales Netz konzipiert, in andere Anwendungen einbaubar und wird in immer mehr Sprachen angeboten. Ausprobieren.

Zoom will in die Chat-Funktion seines Conferencing-Tools einen über Gesichtsmusterkennung arbeitenden Emotionsscanner (ZoomIQ) einbauen. Mit Hilfe von Auswertung der Körpersprache soll sich dann feststellen lasseen, ob die Kollegin noch ausmerksam zuhört, ob sich Konferenzteilnehmer langweilen oder - sehr speziell - ob ein Kunde findet, der Presi für das Produkt sei zu hoch.

Human Resources
 

Die führenden Personalsysteme wie SAP oder workday schmücken sich allesamt mit der Integration künstlicher Intelligenz. Das Recruiting war das erste Anwendungfeld. SAP hat sich sogar in der Verwaltung von Zielen in Zielvereinbarungen und der Bewertung von Zielerreichungen versucht; Ergebnisse aus dem ehemaligen Accelerator-Projekt (2017) sind nicht bekannt.

Talanx wirbt mit seiner besonderen Effekivität bei der Bearbeitung großer Bewerbermassen.

Canon will erfolgreich eine Anwendung betrieben, die mit Computerkamera via Bilderkennung zufriedene Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter erkennen kann.

Accenture will mit einer kombinierten Chatbot-Contextual-Intelligence-Anwendung die Auswahl seiner jährlichen rund 50.000 Bewerber unterstützen. Cultural Fit und Soft Skills sollen noch ohne Software-Unterstützung bewertet werden, aber man plant dem Vernehmen nach schon weiter.

Eine Workforce-App von Quinyx für das Arbeitszeitmanagement wirbt damit, in ihrer Schichtplangestaltung eine Optimierung unter Berücksichtigung der Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten zustande zu bringen.

 

Produktion
 

Predictive Maintenance bezeichnet Systeme zur vorausschauenden Wartung. Sie arbeiten mit Hintergrundsystemen, die auf umfangreiche Dokumentationen von Anlagen, Maschinen, ganz allgemein technische Einrichtungen verfügen einschließlich der bisher bekannten Schwachstellen. Sie können Empfehlungen für eine optimierte Wartung abgeben.

Lingodroids sind ein Beispiel für eine konsequente Weiterentwicklung dieser Idee: Maschinen sprechen selbständig miteinander und erledigen bestimmte Aufträge in eigener Regie. Sie sind eine Art Miniroboter mit eingebauter Sensorik und sogar einer eigenen Sprache.

Eine Maximierung der Fertigungsausbeute und Senkunge der Ausschussrate erhoffen sich einige Firmen, ebenso eine Verbesserung des Qualitätsmanagements durch den Einsatz von Deep Learning-Systemen.

Siemens versucht mit Sensorik und Big-Data-Hintergrund Anwendungen zur Vermeidung technisher Defekte an Geräten.

 

Robotik
 

Roboter und die Angst vor der Vernichtung von Arbeitsplätzen sind ein altes Thema. Und längst sind es nicht mehr nur die 3d-Jobs (dumb, dirty, dangerous), die auf der Risikoliste stehen. Ein Beispiel für das Vordringen in höhere Sphären der sauberen Büroarbeit ist das Verwalten von Bildrechten. Für Roboterisierung bestens geeignet sind alle Arbeiten mit hohem Anteil an Wiederholungen, Sortier- oder Ordnungsfunktionen.

Die US-Anwaltskanzlei Baker&Hostetler unterhält einen Robo-Anwalt, vorerst nur zur Unterstützung der anwaltlichen Täigkeit, heißt es.

Die Kombination mit Sprach-Erkennung erschließt der Robotik neue Anwendungsfelder vor allem im Dienstleistungs- und sogar im Pflegebereich. Humanoide Rototer sollen menschenähnliches Aussehen erhalten und auch immer mehr menschliches Verhalten imitieren.

Logistik
 

Die Optimierung des Lieferkettenmanagements verbunden mit einer Senkung der Lagerbestände und der Tansportkosten sind Ziele erster Anwendungen.

Ein anderer Schwerpunkt liegt in der Erforschung des Kundenverhaltens. Aldi Nord hat ein System im Einsatz, das die Bestimmung gewünschter Artikelmengen in ausreichender Menge für seine Filialen gewährleisten soll. Otto will mit Hilfe eines Deep-Learning-System die Wünsche seiner Kunden für die nächsten 30 Tage mit großer Zuversicht erkennen. Über ein ähnlich leistungsfähiges System will auch Zalando verfügen.

Bertelsmann hatte für die Suche nach KI-Lösungen für automatische Broadcast-Empfehlunen eine Hackathon-Konferenz veranstaltet und ist dabei, die dort erarbeiteten Vorschläge umzusetzen.

SAP will schon seit 2017 in seinem Accelerator-Programm v.a. StartUps zur Entwicklung diverser Apps motivieren wie z.B. Preisvorhersagen für ausgewählte Produkte. Im Erfolgsfall sehr attraktiv für die Gründer, sie können dann ihre Entwicklung für gutes Geld verkaufen.

Marketing und Vertrieb

 

Muster in Daten aus der Vergangenheit geben Aufschluss über das Kundenverhalten. Hat man diese Daten über längere Zeiten, so lassen sich auch Muster in den Veränderungen des Kundenverhaltens erkennen. Dies verleitet dazu, diese Erkenntnisse per Extrapolation in die Zukunft zu verlängern. Und schon sind wir beim Thema Prognose, einem Schwerpunkt der hier eingesetzten KI-Anwendungen. Ähnlich wie bei der Wettervorhersage: Für kurze Zeitabstände funktioniert das ganz gut.

Auch Methoden der Sentimentanalyse finden hier Anwendung, den schließlich geht es in der Werbung um Aufmerksamkei. Und diese hängt von der emotionalen Verfassung der Zielperson ab.

Algorithmen können in Bildmaterial, auch in bewegten Bildern nach bekannten bekannten Personen suchen, aus Text und Tonspuren unerwünschte Passagen herausfinden und so Agenturen darin unterstützen, Werbung zu erzeugen, die political correct ist. Ob, so jedenfalls die Werbung für diese Art von Software.

 

   
Gemischtes
 

InstaDeep/Biontech setzten Künstliche Intelligenz als Corona-Frühwarnsystem ein. Es soll auf der Grundlage sehr umfangreicher Sequenzierungsdaten Virus-Risikovarianten frühzeitig erkennen.

Eine Art von Lügendetektor-App soll die Betrugsversucherkennung unterstützen, sich aber auch zur Analyse von Kundenzuzfriedenheit nutzen lassen und auch der Polizei behilflich sein. Die US-Firma Converus hat EyeDetect entwickelt, dass auch in AR-Brillen eingebaut werden kann, zurzeit aber wegen seiner hohe Kosten sich noch nicht zum Geschäftsschlager gemausert hat.

Kurioses
 

Die Firma Braun will mit einer Zahnbürsten-App seiner Kundschaft bessere Tipps zur Zahnpflege anbieten.

Adidas versucht sich mit automatisch erzeugten Styling-Empfehlungen mit Hilfe von Mustererkennug in den Internet-Suchaktivitäten seiner Kunden.

Pepper nennt sich ein humanoider Roboter als Empfangsdame in einigen japanischen Läden.

Die Musk-Firma Neuralink ist dabei, Implantate zu entwickeln, damit Menschen mit zukünftiger KI mithalten können, so der Chef selber.

Samsung betreibt eine Tinder-App für Partnersuche aufgrund der Auswertungt der Kühnschankinhalte.

Erkennbare Trends

Das Vordringen von Künstlicher Intelligenz ist ein schleichender Prozess, nicht vergleichbar mit dem virtuellen, speziell hybriden Arbeiten, das uns die Corona-Pandemie in nicht übersehbarer Deutlichkeit beschert hat. Es gibt auch nicht die große Killer-Anwendung, die alles überstrahlt.

Die Softwarehersteller lassen keine Chance aus, ihre Produktte mit der Integration künstlicher Intelligenz zu bewerben. Alles ist KI, auch wenn es sich nur um aufgepeppte Statistik handelt.

Karl Schmitz, Juni 2022