Das Nullpunkt-Feld
Auf der Suche nach der kosmischen Ur-Energie
Das Nullpunk-Feld ist eine Kopfgeburt der Quantenphysik. Keiner hat es je gesehen oder gemessen. Die Mathematik hinter Heisenbergs Unschärferelation erfordert seine Notwendigkeit, wegen der Aussage, dass es einen absoluten Ruhezustand nicht geben kann, auch nicht im Vakuum bei absolutem Nullpunkt. Dann wären Energie und Zeit beide exakt bestimmt, und das darf nach besagter Unschärferelation nicht sein.
Lynne McTaggart ist Journalistin, die sich mit dem Grenzgebiet von Naturwissenschaften und Bewusstsein beschäftigt hat. Sie hat dem Nullpunkt-Feld ein ganzes Buch gewidmet, im Jahr 2001 erstmals veröffentlicht. Sie hat nach eigenen Angaben acht Jahre lang an dem Buch gearbeitet, zahlreiche Wissenschaftler selber besucht und deren Forschungen und Experimente nachvollziehbar beschrieben. In ihren Berichten achtet sie peinlich auf Abgrenzungen gegen jedwede Esoterik. Sie schildert auch die oft immensen Schwierigkeiten, denen viele der genannten Forscher bei ihrer Arbeit ausgesetzt waren, offensichtlich der Preis dafür, wenn man sich neben den etablierten Pfaden der Wissenschaft bewegt.
Die Phänomene
Lynne McTaggart beschreibt akribisch, hochspannend und immer gründlich recherchiert eine Menge von mit den klassischen Wissenschaften nicht erklärbaren Vorgängen. Dieser Teil des Buchs ist ein echter Pageturner.
Es beginnt mit der Apollo-14-Mission 1971 und dem Astronauten Ed Mitchell, der die rund 400.000 km Abstand zur Erde (ohne Wissen der NASA) für ein gelungenes Telepathie-Experiment genutzt hatte, bei dem er Kartensymbole vom Mond per Gedanken an vier Kollegen an unterschiedlichen Orten auf der Erde übermittelt hatte.
Die Autorin geht der Frage nach, woher beim Wachstum eines Embryos jede Zelle genau weiß, was sie werden soll, obwohl alle Zellen nur die gleiche identische DNA haben. Woher nehmen sie dieses Wissen?
Sie beschreibt das Phänomen, das Wasser Information tragen kann, illustriert an homöopathisch verdünnten Flüssigkeiten, die ihre Wirkung immer noch behalten, selbst wenn kein einziges Molekül des ursprünglichen Wirkstoffes noch vorhanden ist.
Sie fragt sich und uns weiter, wo eigentlich das Gedächtnis gespeichert ist, eine spannende Frage, wenn man sich ausrechnet, dass eine mittlere menschliche Lebensgeschichte etwa 280 Trillionen Info-Bits umfassen würde (das ist eine Zahl mit 18 Nullen). Die heutige Neurologie weiß es immer noch nicht.
Sie schildert schauderhafte Experimente, bei denen Tiere sich auch dann noch an die Dinge erinnern können, für die sie eigens trainiert wurden, obwohl Teile ihres Gehirns zerstört wurden.
Besonders akribisch wird über die Untersuchungen berichtet, bei denen Menschen durch ihre Gedanken, speziell ihre besondere Aufmerksamkeit, Maschinen beeinflussen und z.B. Zufallsgeneratoren davon abbringen konnten, zu je 50 Prozent Kopf oder Zahl zu produzieren, wie es nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung hätte erfolgen müssen.
Man findet Berichte darüber, dass Menschen Gedanken oder Schmerzen auf andere Menschen übertragen oder Beobachter das Verhalten von Tieren (Messerfischen, Rennmäuse) durch ihre Gedanken lenken konnten.
Es fehlt auch nicht der berühmte Anstarrtest, bei dem Menschen sich unwohl fühlten, wenn sie ohne es selber zu bemerken von anderen Menschen aus der Ferne (aus anderen Räumen via Bildübertragung) angestarrt wurden.
Sehen aus der Ferne ist ein weiteres spannendes Thema. Jemand erhält z.B. die Geo-Daten eines Ortes, den sie oder er noch nie gesehen hat und kann dennoch genau beschreiben, wie es dort aussieht, eine Fähigkeit, die etwas Übung erfordert aber angeblich jeder erlernen kann. Für dazu besonders talentierte Menschen haben sich vor allem die Geheimdienste der Supermächte interessiert (und die Forschungsergebnisse natürlich unter Geheimhaltung gestellt).
Besonders interessant ist ein Laborexperiment, bei dem jemand ein ihm unbekanntes Schwimmbad beschrieb und dabei Dinge entdeckte, die es früher dort einmal gab. Oder jemand bekommt komplizierte Zahlenfolgen auf einen Zettel geschrieben, wird mit einem Flugzeug ein paar Kilometer in die Luft geschickt und eine andere Person, der "Hellseher", kann die Zahlen exakt nennen, Zahlen von einem Zettel, den er nie gesehen hat.
Erwähnt werden auch sog. heilige Kraftplätze, an denen Besucher spüren, dass hier etwas Besonderes vorliegt, beispielsweise ein großes kollektiv erlebtes Unheil wie zum Beispiel das "Wounded Knee" in Süddakota (USA), der Ort des Massakers an Hunderten von Sioux-Indianern Ende 1890, einem Ort früherer religiöser Rituale.
Auch futuristische Ideen wie die Gewinnung von Energie buchstäblich aus dem Nichts des Nullpunk-Feldes werden erwähnt.
Frau McTaggart stellt dann in den Schlusskapiteln ihres Buchs weitere sehr gewagte Vermutungen an, so zum Beispiel, dass unser Körper unbewusst zukünftige emotionale Zustände antizipieren kann. Sie vermutet, dass Krankheit auf einen Mangel an Verbindung zum kollektiven Bewusstsein des Nullpunkt-Feldes zurückgeht (dessen Existenz damit als gesetzt betrachtet wird) und zitiert die Psychiaterin Elisabeth Targ mit der Auffassung, dass unser Bewusstsein nach dem Tod weiterlebt, sozusagen nach "Entkopplung unserer Frequenz von der Materie unsere Zellen".
Auch die Messung der Bewusstseinsaktivitäten der ganzen Erde findet Erwähnung und nicht zuletzt die Gefahr, die von einer "Kohärenzerzeugung des kollektiven Bösen" für die gesamte Menschheit ausgehen kö
Unerwähnt lässt McTaggart die Arbeiten des Freiburger Parapsychologen Hans Berger, dessen Lehrstuhl 1998 eingestellt wurde, ebenso die Körperenergie-Phänomene fernöstlicher Kampfsportler.
Ein Erklärungsversuch
Lynne McTaggart setzt sich gründlich mit den Grenzgebieten der etablierten Wissenschaften auseinander und sucht vor allem nach dem Beitrag der Quantenphysik für die Erklärung der von ihr beschriebenen Phänomene.
Erwartungsgemäß stößt sie dabei auf das Rätsel der Verschränkung von Elementarteilchen. Nimmt man eine Änderung bei einem von miteinander "verschränkten" Teilen vor, so erfolgt diese Änderung auch sofort bei allen anderen mit ihm verbundenen Teilen über beliebig große Entfernungen hinweg. McTaggart ist nicht die Einzige mit der Vermutung, dass die Verschränkung etwas mit dem Nullpunkt-Feld zu tun haben könnte, aber dals ist nicht mehr als ein Modell, in dem "alles mit allem" verbunden ist.
Die Quantenphysik zeigt auch, dass wenn man ganz tief in die Materie hinuntersteigt, man immer weniger findet, bis da nichts Materielles mehr ist, sondern nur noch etwas, das man bestenfalls Information oder Struktur nennen könnte. Da kann man durchaus vermuten, dass es den Unterschied zwischen Geist und Materie überhaupt nicht gibt, sondern alles nur Erscheinungsformen von Energie sind.
Was es im Nullpunkt-Feld sonst noch gibt außer den quantenphysikalischen Fluktuationen wissen wir nicht. Vielleicht ist es vollgestopft mit Energie, die wir unter normalen Umständen nicht sehen.
Telepathie, ja sogar Telekinetik wären gut erklärbar, wenn man annehmen könnte, dass das Nullpunkt-Feld an den Vorgängen beteiligt wäre. Uns (noch) unbekannte Formen der Verschränkung könnten für sofortige Veränderungen über beliebige Entfernungen hinweg sorgen. Wie gesagt Vermutungen. Frau McTaggart lässt daraus ganz beiläufig Realität werden. Sie geht noch ein paar spekulativ mutige Schritte weiter, wenn sie annimmt, unser Gedächtnis befinde sich gar nicht in unserem Gehirn oder Körper, sondern in besagtem Nullpunkt-Feld.
Dass es etwas geben muss außerhalb der von der klassischen Schulphysik bekannten Wechselwirkungen wie Gravitation oder Elektromagnetismus lässt sich höchstens dann bestreiten, wenn man behauptet, alle die von Frau McTaggart beschriebenen Phänomene seien Lug, Trug und Fälschungen. Aber dann wären wir wieder bei der Erde als Scheibe.
Viele der im Buch geschilderten Forschungen in den Grenzgebieten der etablierten Wissenschaften wurden eingestellt oder nicht fortgesetzt. Neue Ideen wurden seit es Wissenschaft gibt immer schon angefeindet, wenn sie an den zu Dogmen erstarrten alten Lehren rüttelten.
Lynne McTaggart hätte der schwierigen Wissenschaft im Grenzgebiet von Geist und Materie einen besseren Dienst erwiesen, wenn sie die ungelösten Fragen aus ihren vielen Beispielen präziser zugespitzt, ihre Vermutungen über die Rolle des Nullpunkt-Feldes weiter als Vermutungen mit durchaus vorhandener Plausibilität dargestellt und auf den Synthese-Versuch von Wissenschaft und Religion verzichtet hätte.