Ergonomieaspekte beim Scannereinsatz


In immer mehr Unternehmen wird der Posteingang nicht mehr zu Fuß verteilt, sondern eingescannt und in digitalisierter Form über das Unternehmensnetzwerk den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Neue Softwaresysteme sind dabei in der Lage, Dokumente anhand von vorher eingegebenen Merkmalen zu klassifizieren, also festzustellen, ob es sich bei dem Dokument zum Beispiel um eine Rechnung handelt oder ein Kündigungsschreiben eines Kunden. Das automatische Auslesen der Inhalte von Dokumenten ("Diese Kündigung stammt vom Kunden Peter Müller und muss daher von Mitarbeiter xy bearbeitet werden.") ist immer noch recht fehleranfällig, wird aber auch schon eingesetzt. Mittlerweile gibt es Dienstleister, die neue Geschäftsfelder wittern und für Fremdfirmen die digitalen Aufnahme und Klassifizierung von Papierbriefen vornehmen.

Es wird also viel automatisiert und das Rationalisierungspotenzial beim Einsatz der Technik ist nicht unerheblich. Dieses kurze Papier soll allerdings ein Schlaglicht auf die gröbsten ergonomischen Probleme werfen, mit denen sich die Mitarbeiter - und damit die beteiligten Betriebs- oder Personalräte - durch den Einsatz der Scanntechnik konfrontiert werden.

1. Monotone Arbeit bei der Scannvorbereitung

Die Kollegen aus der Postabteilung haben bislang schon fast immer unangenehme Arbeitsbedingungen gehabt: Briefe öffnen, in die betreffenden Fächer legen, Briefe verteilen. Zu befürchten ist, dass ihre Arbeitsabläufe noch monotoner werden. Gut möglich, dass die Tätigkeiten reduziert werden sollen auf das bloße Einlegen von Trennblättern für die nachfolgende maschinelle Erfassung. x-Mal in der Minute, 8 Stunden am Tag?! Hier sollten rechtzeitig alle Möglichkeiten geprüft werden, den Mitarbeitern Mischarbeitsplätze anzubieten, die weitere Tätigkeiten umfassen.

2. Klassifizierung von Dokumenten

Um Dokumente richtig zuleiten zu können, müssen sie klassifiziert werden, s.o. Die Klassifikation muss überwacht werden, Mitarbeiter müssen manuell nachsteuern können. Die entsprechenden Arbeitsplätze sind oft als reine Bildschirmarbeitsplätze ausgelegt und Fließbandarbeit am Bildschirm ist der Normalfall. Die zur Klassifikation verwendete Software befindet sich leider häufig in einer späten Erprobungsphase. Sie stürzt oft ab und die Bedienbarkeit der Software ist nicht so auf die speziellen Anforderungen der Tätigkeit abgestimmt, wie man es sich wünschen würde. Genaue Inansichtnahme der eingesetzten Software ist Pflicht.

3. Arbeiten mit digitalen Briefstücken

Die Bildschirmplatz-Ausstattung der Sachbearbeiter, die mit den eingescannten Dokumenten arbeiten müssen, ist oft nicht an die neuen Bedürfnisse angepasst:

In der Regel ist neben einem Bildschirm für das Sachbearbeitungsprogramm ein zweiter Bildschirm für die Anzeige der eingescannten Dokumente notwendig, damit ein Ein- und Ausblenden von Fenstern oder gar das Starten und Beenden von Programmen während des Arbeitsprozesses vermieden wird. Hier bieten sich Bildschirme an, die hochkant aufgerichtet werden können, um DIN A4-Dokumente vollständig anzeigen zu können.

Selbstredend muss die Datenleitung schnell genug sein. Wartezeiten von mehreren Sekunden sind unzumutbar.

Ganz besonders wichtig ist die Ausstattung mit qualitativ hochwertigen Bildschirmen an den Arbeitsplätzen (trennscharfe Flachbildschirme): Generell liest man Texte auf Bildschirmen etwa 20-30% langsamer als auf Papier. Die Anzeigequalität von eingescannten Buchstaben ist allerdings in der Regel noch weitaus schlechter. Die Lesegeschwindigkeit für die Dokumente wird sich also wesentlich verlangsamen. Zu dem Thema gibt eine Online-Studie von BITKOM, dem Verband der IT-Industrie, in der u.a. darauf hingewiesen wird, dass schlecht aufgelöste Buchstaben in den Bildschirmanzeigen zu Sehbeschwerden führen.

Für die Mitarbeiter entfällt außerdem der Gang zu den Büro-Regalen. Denn alle Unterlagen stehen im Computersystem zur Verfügung. Eine ausschließlich sitzende Tätigkeit kann aber Verspannungen und andere gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Eine arbeitsmedizinische Analyse der konkreten Arbeitsbedingungen dürfte hilfreich sein.

Dirk Hammann, tse GmbH