Randbedingungen einer sinnvollen Outsourcing-Strategie im IT-Bereich eines Unternehmens
Karl Schmitz, August 1998
Ausgangssituation
Viele Unternehmen planen, Teilfunktionen ihres Rechenzentrumsbetriebs outzusourcen; betroffen sind vor allem die Funktionen
- Infrastruktur dezentrale Systeme (PC)
- User Help Desk und
- Netzwerkbetrieb.
Das Leistungsspektrum des Outsourcers soll dann in der Regel den Hardware-, Systemsoftware- und PC-Büroanwendungssystemebetrieb, Installation, Pflege und Wartung umfassen. Oft gehen die Pläne noch einen Schritt weiter und lassen auch den Mainframebetrieb inklusive seiner Software-Infrastruktur nicht verschont. Das Hauptmotiv für das Outsourcing sind oft die innerhalb des Unternehmens zu hohen Kosten (Beispiel: monatliche PC-Kosten).
Strategische Fehler
Die Konzepte vieler Firmen weisen einige grundlegende Fehler auf, die im folgenden kurz behandelt werden.
- Fehlende IT-Gesamtstrategie
Oft ist die strategische Perspektive der geplanten Maßnahmen zu vermissen. Fragen der Architektur des Informationssystem-Verbundes wurden meist nicht aufgeworfen. Eine Verknüpfung der Geschäftsziele mit angestrebten Entwicklungslinien in der IT findet auch nur in seltenen Fällen statt.
- Fehlende Personalplanung
Die oft für die Outsourcing-Notwendigkeit als Begründung herangezogene personelle Engpaßsituation kann nicht unkommentiert hingenommen werden. Die nun beschworene Lage war fast immer voraussehbar und hätte durch eine geeignete Personalplanung vermieden werden können. Die Outsourcing-Lösung wird in einem solchen Fall nur die aktuellen Probleme überdecken, ohne sie zu lösen. Unsicherheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
Für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsteht eine unbefriedigende, demontivierende Situation: man sieht nicht, wohin die Entwicklung geht, zukunftsorientierte Aufgaben fehlen, und eine berufliche Perspektive ist auch nicht zu erkennen. Die fehlende strategische Ausrichtung treibt die Leute in die innere Kündigung. Man fühlt sich hin und hergeschoben.
- Mängel in der Angebotsspezifikation
Die Kostenbetrachtungen der angestrebten Outsourcing-Lösung beziehen sich meist sehr unzureichend auf die Qualität der Dienstleistungen (z. B. durch Definition von geforderten Servicelevels) und lassen natürlich auch jede Aussage missen, wie Qualität gemessen werden soll (Aufstellung von Kriterien zur Qualitätsmessung). So bleibt die Befürchtung im Raum, daß qualitative Minderleistungen beim Outsourcing-Service sich später in Mehrbelastungen der im Unternehmen verbliebenen Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter niederschlagen werden, eine gleichermaßen vermeidbare wie unzumutbare Situation.
Outsourcing-Kriterien
Ohne Gefahr für das Kerngeschäft der meisten Unternehmen kann man sicher die Installation, die Wartung und die Pflege des Computergeräteparks outsourcen. Dies ist um so risikoärmer, je stärker dieses Geschäft auf die rein technische Infrastruktur konzentriert bleibt: Installation, Leasing möglichst einheitlich (und lean) konfigurierter Personal Computer als Endgeräte, Versionsverwaltung von Betriebssystemen, Netzwerk, Standard-Bürosoftware (falls erforderlich), aber möglichst nicht die Betreuung der Sachbearbeitungssoftware des Kerngeschäfts, dem das betroffene Unternehmen nachgeht.
Benutzerbetreuung, User Help Desk und erst recht der Support der Anwendungssoftware des Kerngeschäftes empfehlen sich nicht für ein Outsourcing. Dies hat einen grundsätzlichen und einen praktischen Grund:
- Grundsätzlich signalisiert ein Unternehmen mit entsprechendem Outsourcing, daß es die "Pflege" der Mitarbeiterqualifikation nicht zu seinen innovativen Kernstrategien zählt; außerdem wird das Kerngeschäft berührt, wenn die Anwendungssoftwarebetreuung bei Externen liegt.
- Praktisch ist zu berücksichtigen, daß in den nächsten Jahren wegen der Jahr-2000-Problematik und der Euro-Umstellung IT-Dienstleister und -Consultants bis unter die Haarwurzeln beschäftigt sein werden und ein Unternehmen als Kunde es sehr schwer haben wird, gute Leute vom Dienstleister zu bekommen. Von vielen Dienstleistern im Outsourcing-Geschäft ist bekannt, daß sie für niedriges Entgelt verpflichtete, gar nicht oder nur schlecht ausgebildete Mitarbeiter mit den anstehenden Aufgaben betreuen. Hier ist nicht nur die Alltagsqualität des Arbeitssystems betroffen, sondern an dieser Stelle liegt auch eine Quelle für dauerhaften Streß, Frustration, Motivationsbeschädigung und in der Folge von alledem niedriger Produktivität.
Kurz- und längerfristige Handlungshorizonte
Was ist also zu tun? Man kann in vielen Fällen unterscheiden zwischen einem kurzfristigen Notprogramm und einem mittel- bis längerfristigen Aufbauprogramm:
- Kurzfristig: Outsourcing der Installation und Maintenance der Endgeräte-Infrastruktur; dies umfaßt die Installation von PCs, deren möglichst einheitliche Ausstattung mit Systemsoftware und Standardbüroanwendungen, die Versionsverwaltung dieser Software, das Managen des Netzwerkes für die Endgeräte, die Analyse und Korrektur hard- und softwaretechnischer Fehler bezogen auf Betriebssysteme, Netzwerk und Standard-PC-Software. Ein Benutzerservice mit Aufgaben, die auch die Qualifizierung der Benutzer berühren, sollte man lieber in eigener Regie aufbauen und verbinden mit Support- und Qualifizierungsaufgaben bezüglich der Anwendungssoftware.
- Mittel- bis längerfristig steht die Entwicklung einer umsetzungsfähigen IT-Strategie an. Die Überlegungen haben davon auszugehen, welchen Kunden welche Art von Produkten und Dienstleistungen angeboten werden soll und welche unterstützende Rolle dabei die IuK-Techniken spielen sollen, sowohl in der Orientierung auf die Kunden als auch bezogen auf die unternehmensinternen Prozesse. Dies bedarf einer Management-Strategie, die das betroffene Unternehmen zu entwickeln und umzusetzen hat.