Die Ideen für die meisten Vereinbarungen zu Personalsystemen stammen aus den frühen Achtziger Jahren, aus einer Zeit, in der die Mitbestimmung zu diesen Themen noch sehr umstritten war. Die politische Situation damals war gekennzeichnet durch eine hohe Sensibilität für das Gläserne-Mensch-Problem.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 1983 das damals geplante Volkszählungsgesetz für verfassungswidrig erklärt und insbesondere die fehlende Zweckbindung der Personaldatenverarbeitung bemängelt.
Auf Knopfdruck die kranken Türken, so lauteten die Horror-Szenarien aus den Firmen, die im Begeisterungsrausch über die neuen Personalinformationssysteme deren Leistungsfähigkeit natürlich total überschätzten. Trotzdem - die Angst vor diesen Kontrollsystemen machte die Runde.
Die in den Achtziger Jahren entwickelten Regelungen betrachteten die Systeme im Prinzip wie einen Schwarzen Kasten. Um das, was drinnen passierte, kümmerte man sich nicht besonders. Interessieren tat nur: was geht in das System hinein, und was kommt heraus. Das "Input" ließ sich beschreiben durch einen Datenkatalog und durch das Schlüsselverzeichnis (Erklärungen über die Verschlüsselung der Daten). Das "Output" wurde in einem Ausgabenkatalog festgehalten: von jeder Ausgabe aus dem Computersystem ein Muster. Die im Ausgabenkatalog dokumentierten Auswertungen durften gemacht werden, und damit basta.
Ein weiteres Thema waren die damals noch recht neuen Abfragesprachen. Mit ihrer Hilfe konnte man sich beliebige Auswertungen erstellen - ohne Erfordernis einer vorherigen Programmierung, eben die kranken Türken auf Knopfdruck. In den Betriebsvereinbarungen der Achtziger Jahre wurden diese Neuerrungenschaften der Computertechnik einfach abgeklemmt. Bestenfalls als Werkzeuge zur Entwicklung neuer Auswertungsprogramme wurden sie erlaubt, aber nur mit Testdaten.
Eine anständige Personaldaten-Betriebsvereinbarung hatte also mindestens vier Anlagen:
Dazu kamen dann noch mindestens ein Verzeichnis der Zugriffsrechte und ein Hardwareverzeichnis. Fast immer war vereinbart, dass für diese Anlagen Veränderungen nur mit Zustimmung des Betriebsrats, ersatzweise durch Spruch der Einigungsstelle möglich waren.
Die Regelungen erwiesen sich als ziemlich bürokratisch und außerdem als sehr arbeitsintensiv. Extremfall Ende der Achtziger Jahre war ein Betrieb, in dem allein die Anlage Ausgabenkatalog aus 270 Hängeordnern bestand. Neue Regale braucht der Betriebsrat...
Ende der Achtziger Jahre setzten sich Personal Computer in den Unternehmen mehr und mehr durch. Klassische Großrechnerprogramme wurden Zug um Zug auf die Client/Server-Architektur umgestellt: zentrale Datenspeichereinheiten im Hintergrund und PC-Arbeitsstationen als Benutzergeräte.
Großrechnerprogramme sind wie Maschinen: es geht nur, was in ihnen programmiert ist. Personal Computer dagegen sind wie Werkzeuge: man kann damit machen, was man will. Personaldaten einmal in ein Tabellenkalkulationsprogramm geschaufelt - und nichts lässt sich mehr festlegen.
Was tun, fragten sich die Betriebsräte. Personal Computer für die Personalabteilung verbieten, wäre eine Alternative. Nicht besonders erfolgversprechend, sich derart heftig gegen den Trend der Zeit zu stemmen.
Das Verfahren, alle erlaubten Auswertungen festzulegen, muss versagen, wenn als Endgerät ein PC zugelassen wird, mit dessen Hilfe man jede Tabelle oder Liste wieder verändern kann. Mi den Personal Computer verhält es sich ähnlich wie mit den Abfragesprachen: der Verarbeitungszweck wird erst in dem Augenblick festgelegt, in dem jemand eine Auswertungsidee hat. Der Grundsatz strikter Zweckbindung der Personaldatenverarbeitung ist nicht mehr erfüllt.
Die in Vereinbarungen neueren Typs vorgeschlagene Regelungsweise verzichtet auf die umfangreichen Kataloge als Anlagen. An den Daten im System kann man ohnehin kaum etwas verändern. Es handelt sich um Standardsoftware, sozusagen von der Stange geliefert. Selbst wenn man unliebsame Datenfelder aus dem System rausschmeißt, sind sie beim nächsten Release wieder da. Man kann höchstens noch ankreuzen, welche Datenbanktabellen, Segmente oder Infotypen überhaupt genutzt werden und welche nicht. Nicht genutzte Daten bedeutet allerdings, dass die Datenfelder für die Speicherung sehr wohl vorhanden sind, man schreibt halt nichts in sie hinein. Am Beispiel des Standard-Personalsystems SAP-HR ist nochmals ausführlicher erläutert, warum das umfangreiche Regeln solcher Systeme einen hohen Aufwand bedeutet, zu dem das erzielbare Ergebnis in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht.
Das neue Verfahren sieht nun vor,
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des neuen Regulariums ist das Initiativrecht für den Betriebsrat. Dieser soll jederzeit die Möglichkeit haben, z.B. bei Veränderungen des Systems selbst oder seiner Anwendung, ergänzende Regelungen zur bereits abgeschlossenen Vereinbarung fordern zu können. Das Mitbestimmungsrecht wird sozusagen als unverbraucht vereinbart. Dies ist deshalb wichtig, weil die verbindliche Festlegung der Systemnutzung sich ja nur noch auf Teile des Gesamtsystems bezieht. Dabei ist die Gefahr groß, dass man wichtige Dinge übersieht. Das Initiativrecht sorgt dafür, dass dies nicht schlimm ist. Denn der Betriebsrat kann das übersehene Thema jederzeit aufgreifen und darüber eine Verhandlung erreichen. So geht er kein großes Risiko ein, die Dinge erst einmal laufen zu lassen. Sollte sich herausstellen, dass es doch Probleme gibt, so können diese auch noch zu einem späteren Zeitpunkt auf den Verhandlungstisch gepackt werden. Natürlich macht dieses Verfahren nur Sinn, wenn bei Nichteinigung die Einigungsstelle das letzte Wort hat.