Das hamburgische Personalvertretungsgesetz wurde im Januar 2006 mit den Stimmen der CDU-Mehrheit der Bürgerschaft weichgespült. Die Mitbestimmungsrechte der hanseatischen Personalräte wurden in wesentlichen Teilen beschnitten. Eine Diskussion in der Öffentlichkeit findet nicht statt.
Die Rechte der Personalvertretungen in den Bundesländern werden in Landesgesetzen geregelt. Hamburg hat mit Wirkung zum 30.1.2006 sein Personalvertretungsgesetz geändert und dabei gewichtige Rechte der Arbeitnehmervertretungen einkassiert. Die von der CDU dominierte Bürgerschaft hat mit der Neuregelung in Jahrzehnten eingespielte und höchstrichterlich abgesegnete Grundsätze der Mitbestimmung über den Haufen geworfen und durch neue Bestimmungen ersetzt, die für die personalrätliche Zukunft nichts Gutes erahnen lassen. Wir dokumentieren zwei zentrale Änderungen...
Einführung von Zustimmungsfristen für Personalräte
Der Personalrat muss seit Januar 2006 Maßnahmen der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen begründet widersprechen. Erfolgt innerhalb dieser kurzen Frist kein Widerspruch oder wird der Widerspruch nicht sachgerecht begründet, so wird die Zustimmung des Personalrats angenommen. Die Bürgerschaft spekuliert offenbar darauf, dass innerhalb der Frist ein sachverständiger Expertenrat kaum eingeholt werden kann. Ohne Informationen und unter Zeitdruck sollen die Personalräte dazu bewegt werden, komplexere Angelegenheiten durchzuwinken.
Totalamputation der Mitbestimmung bei technischer Verhaltens- oder Leistungsüberwachung
Viele Jahre lang konnte die Mitbestimmung bei Systemen, die eine Verhaltens- oder Leistungsüberwachung ermöglichen, von Personalräten als scharfes Schwert geschwungen werden. Der Personalrat konnte vom Dienstherr verlangen, dass er seine technischen Systeme so einrichtet, dass eine Verhaltens- oder Leistungskontrolle ausgeschlossen wird oder doch wenigstens nur nach verabredeten Spielregeln innerhalb eines vereinbarten Rahmens erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 16.12.1987 klar, dass das Mitbestimmungsrecht bereits dann vorliegt, wenn ein System für eine Überwachung geeignet ist.
Nach der neuen Fassung des Hamburger Personalvertretungsgesetzes kommt ein Mitbestimmungsrecht nur noch dann in Betracht, wenn der Dienstherr die Absicht verfolgt, eine entsprechende Mitarbeiterüberwachung durchzuführen. De facto ist damit die Auflösung eines der wichtigsten Mitbestimmungsrechte der Personalräte verbunden: Jeder Dienstherr kann sich der Mitbestimmung allein dadurch entziehen, indem er zu Protokoll gibt, dass er ein System nicht zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle einsetzen wolle: Videoüberwachung wäre daher nicht mehr mitbestimmungspflichtig, wenn der Dienstherr sie damit begründet, nicht seine Angestellten, sondern Dritte überwachen zu wollen. Die Internetnutzung wäre nicht regelungsbedürftig, wenn der Dienstherr anführt, Protokolle etc. nur zur Gewährleistung der Systemsicherheit einzuführen. Es fällt nicht schwer, weitere haarsträubende Beispiele zu konstruieren. Die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter werden nach unserer Ansicht so nachdrücklich beeinträchtigt, dass möglichst bald überprüft werden sollte, ob die Regelung rechtlich Bestand haben kann.
Reaktionen
Hamburgs Bürgermeister und Sonnenschein Ole von Beust hat ausgetestet, was sich Großkoalitionärin Merkel auf Bundesebene noch nicht traut. Die Beschneidung der Arbeitnehmerrechte hat er lautlos über die Bühne gebracht. Gewerkschaften protestieren nicht oder kaum hörbar. Presse und Verbände schlafen weiter... - Niederlagen ohne Gegenwehr tut besonders weh!
Dirk Hammann,
tse-Hamburg
Quellen:
Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft, Drucksache 18/2240,
Hamburger Personalvertretungsgesetz,
Andreas Hamm: Mitbestimmung ade, hlz, Hamburg 2006