Telekommunikationsanlage (TKA) mit Automatic Call Distribution (ACD)

Diese Vereinbarung wurde anläßlich der Einführung einer neuen Telekommunikationsanlage in einem kleineren Unternehmen abgeschlossen. Einzelgesprächsdaten werden zwar protokolliert, die Kostenstellenverantwortlichen erhalten aber nur eine monatliche Gesamtsumme des Gesprächsaufkommen der Mitarbeiter. Bei Missbrauchsverdacht kann das Unternehmen erst nach Zustimmung des Betriebsrat auch Einzelgesprächsdaten auswerten.

Die Funktionen einer ACD-Anlage werden für eine kleine Service-Center-Abteilung genutzt. Auch dieser Aspekt wird in der Vereinbarung behandelt. Interessant ist hier das vereinbarte Routing-Verfahren, das eine Durchwahl zu einem bestimmten Kundenberater vorsieht und bei Besetztzeichen dem Kunden die Wahl überlässt, um Rückruf zu bitten oder sofort mit einem freien Agenten verbunden zu werden. Über die Qualifizierung der Mitarbeiter des Service-Centers besteht eine andere Vereinbarung, die hier nicht online abrufbar ist.

Betriebsvereinbarung Telekommunikations-Anlage / ACD-Technik

1. Zielsetzung
Durch die Bereitstellung des TKA soll den Mitarbeitern der [...] ein modernes Telekommunikationssystem zur Verfügung gestellt werden. Unsere Erreichbarkeit soll für unsere Kunden optimiert werden. Ziel dieser Vereinbarung ist die ordnungsgemäße Abrechnung, eine Reduzierung der Telefonkosten und der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter, insbesondere der Schutz des gesprochenen Worts sowie der Schutz der Mitarbeiter vor einer unzulässigen Verhaltens- oder Leistungskontrolle.

2. Zweckbestimmung
Diese Vereinbarung regelt die Grundsätze, Rechte und Pflichten, die bei dem Einsatz und der Änderung/Erweiterung der TKA zu beachten sind. Die Vereinbarung gilt persönlich für alle Beschäftigten der [...] .

3. Dokumentation
In Anlage 1 ist die eingesetzte Technik dokumentiert. Aus dieser Anlage gehen hervor:

4. Systemzugang
Zugang zum Betriebsterminal/Server der TKA haben ausschließlich die Mitarbeiter der Systemadministration und im Einzelfall die Mitarbeiter beauftragter Wartungsfirmen. Sie sind auf die Einhaltung dieser BV zu verpflichten.

5. Verbindungsdatenerfassung und -auswertungen
Beim Verbindungsaufbau werden für ausgehende Gespräche die nachfolgenden Daten aufgezeichnet:

1. interne Rufnummer der Nebenstelle, Kostenstelle
2. Datum, Uhrzeit und Dauer des Telefonates
3. Gebühreneinheiten des Telefonats
4. angewählter Anschluss, ggf. mit Vorwahlnummer

Die Auswertung der Verbindungsdaten erfolgt ausschließlich zur transparenten verursachergerechten Kostenabrechnung und zur Gewährleistung des wirtschaftlichen Betriebes der TK-Anlage.
Es werden folgende Auswertungen erstellt:

1. monatliche Übersichten über die Gesamthöhe der Gebühren je Kostenstelle und Nebenstelle für die Kostenstellenverantwortlichen nur für ihre Organisationseinheit
2. monatliche Gesamtkostenübersicht über alle Kostenstellen für die Abteilung Finanzen
3. auf Antrag des Benutzers eines Nebenstellenapparats eine monatliche Einzelverbindungsaufstellung über die Nutzung der Verbindung

Bei Verdacht auf Missbrauch kann der kostenverantwortliche Leiter eine gesonderte Einzelverbindungsaufstellung für diesen Nebenstellenanschluss beantragen. Die Erstellung bedarf des Einvernehmens mit dem Betriebsrat.

Je ein Muster der Auswertungen ist in Anlage 2 dokumentiert.

Die aufgezeichneten Verbindungsdaten sind nach dem Ende des 3. Kalendermonats nach Erstellung und Speicherung zu löschen. Verdichtete Daten, die keinen Rückschluss auf einzelne Mitarbeiter zulassen, dürfen über diesen Zeitraum hinweg aufbewahrt werden.

Ausnahmen bedürfen des Einvernehmens mit dem Betriebsrat.

6. Schutz des Fernmeldegeheimnisses
Der Inhalt von Telefongesprächen darf nicht abgehört oder aufgezeichnet werden, es sei denn nach Zustimmung der Gesprächsteilnehmer und des Mitarbeiters. Das Aufschalten auf fremde Telefongespräche wird technisch verhindert.

Sogenannte „mystery calls“ (Testanrufe durch Externe) sind ausschließlich im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen der Mitarbeiter des Service Centers nach deren Zustimmung zulässig, wenn die Auswertung mit ihnen gemeinsam erfolgt.

Über die Sinnhaftigkeit von mystery calls scheiden sich die Geister. Andere Verfahren zur Mitarbeiterqualifizierung sehen zum Beispiel vor, dass die Mitarbeiter eigene Gespräche auswählen und aufzeichnen und diese anschliessend im Team gemeinsam besprechen.

7. Fernzugriff auf die Systeme
Der Fernzugriff („remote control“) auf die Anlage ist auf die technische Wartung, Programmier- und Konfigurationsarbeiten beschränkt.

8. ACD-Anlage
Der Betrieb einer ACD-Anlage beim [...] wird im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen ermöglicht und geregelt. Sie wird nur für die automatische Anrufverteilung genutzt.

8.1 Anrufverteilung
Die Mitarbeiter werden durch Direktdurchwahl der Kunden angerufen. Kann der Mitarbeiter nicht erreicht werden, kann der Kunde wählen, ob er auf die Mailbox des Mitarbeiters sprechen oder mit einem anderen Mitarbeiter verbunden werden möchte. Sofern andere Routingverfahren eingesetzt werden, stellt [...] sicher , dass durch den Einsatz der ACD-Anlage eine ausgewogene Verteilung der Anrufe an die betroffenen Mitarbeiter erfolgt.

8.2 Zustände je ACD-Agent
Die ACD-Anlage macht nur folgende Zustände sichtbar:

Die Mitarbeiter loggen sich in die Anlage ein. Jeder Mitarbeiter kann individuell vor Beendigung eines Gesprächs durch Tastendruck entscheiden, ob er eine Nachbearbeitungszeit benötigt. Durch erneuten Tastendruck wird die verlängerte Nachbearbeitungszeit beendet.

8.3 Anzeigen an der Wandanzeige („Wallboard“)
Zum Zweck der Steuerung des eigenen Telefonierverhaltens werden den Mitarbeitern folgende Kennzahlen über das aktuelle Anrufaufkommen im gesamten Kundendienst an einer Wandanzeige zur Verfügung gestellt:

8.4 Anzeigen am Arbeitsplatz des Supervisors (Monitoring)
Die Anzeigen auf dem Bildschirm des Supervisors werden ausschließlich zur Steuerung der Anlage verwendet. Alle zulässigen Anzeigen ( z.B. über den Servicelevel der letzten 30 Minuten, aktueller Zustand der Bedienplätze ohne Historie) werden in Anlage 3 durch einen Bildschirmausdruck dokumentiert und vereinbart.

Die im Rahmen des Monitorings anfallenden Daten werden nicht ausgedruckt oder für weitere Programme (z.B. Tabellenkalkulation) verfügbar gemacht. Eine längerfristige Speicherung erfolgt nur in verdichteter Form gemäß den unter dem Punkt Reporting genannten Bestimmungen.

8.5 Auswertungen über längere Zeitabschnitte (Reporting)
Auf einzelne Mitarbeiter oder Kleingruppen mit weniger als 5 Mitarbeitern bezogene oder beziehbare Reports werden nicht durchgeführt. Alle Reports werden als Muster in Anlage 4 vereinbart.

Hier muss darauf geachtet werden, dass die Reports nicht nach dem Prinzip "Wünsch-Dir-was" vereinbart werden. Unter Ziffer 11 wird hierzu eine Probephase vereinbart, die das Unternehmen nutzen darf, um Reports auf Ihre Aussagekraft hin zu überprüfen. Im Unternehmen war es ausserdem kein Problem, auf Teamauswertungen zu verzichten - es gibt dort nur ein Team. Das ist im Regelfall anders. In Kauf genommen hat man in der vorliegenden Vereinbarung, dass in Randzeiten am Ende des Arbeitstages nur noch zwei Mitarbeiter in den Statistiken über das gesamte Call-Center auftauchen.

Die Original-ACD-Daten werden so schnell wie möglich zu Summendaten verdichtet und in ihrer ursprünglichen detaillierten Form automatisch gelöscht. Ein Export von Daten der TKA in andere als in Anlage 1 aufgeführte Systeme ist nicht zulässig und wird technisch ausgeschlossen.

9. Rechte gemäß BetrVG
Zur Sicherstellung der gesetzlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrates wird dieser vor jeder Maßnahme, die zu einer Änderung des TKA führt, rechtzeitig und umfassend vor der Realisierung informiert. Eine Änderung liegt dann vor, wenn Systembestandteile (Hard- und/oder Software) verändert werden oder hinzukommen, ein Austausch des TKA erfolgt oder neue Funktionalitäten bereit gestellt werden.
Auf Wunsch einer Seite findet eine Beratung statt. Über Änderungen ist Einvernehmen mit dem Betriebsrat zu erreichen.

Die Anlagen werden auf dem aktuellen Stand gehalten. Änderungen und Erweiterungen der Anlagen zu dieser Vereinbarung erfolgen nur im gegenseitigem Einvernehmen.
Kommt das Einvernehmen in den durch diese Vereinbarung vorgesehenen Fällen nicht zustande, so entscheidet eine gemäß § 76 Ziffer 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.

10. sonstige Bestimmungen
Informationen, die unter Verletzung von Bestimmungen dieser Vereinbarung gewonnen worden sind, sind als Beweismittel zur Begründung personeller Maßnahmen unzulässig. Diese sind ggf. zurückzunehmen.
Externe Dienstleister werden vom Unternehmen vertraglich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieser Vereinbarung verpflichtet.

11. Probephase
Es ist eine Probephase von zwei Wochen vorgesehen. Die in dieser Phase anfallenden Daten stehen zur Erstellung von Musterreports zur Verfügung. Diese Musterreports sind Entscheidungsgrundlage für die in Anlage 4 zu vereinbarenden dauerhaften Reports.

12. Gültigkeit der Vereinbarung
Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie kann mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Sie wirkt nach, solange keine ergänzende Betriebsvereinbarung geschlossen wurde.

Weitere Hinweise: