Grundsätze für eine Betriebsvereinbarung zum Thema Quality Monitoring

Qualitätsmonitoring wird die Totalkontrolle von Call Center Agents genannt. Führend ist ein von der Firma Nice vertriebenes System. Es geht dabei darum, synchron zum gesprochenen Wort die Bewegungen am Bildschirm aufzuzeichnen, damit später dann beides gemeinsam ausgewertet werden kann. Während im Prozess des "normalen" Coachings nur das Sprachverhalten der agents gecheckt werden kann, eröffnet sich hier die Möglichkeit, auch zu analysieren, ob die Software im Sinne des Betreibers genutzt wurde.

Natürlich kann man die Qualität der Beratung und der Softwarenutzung zur Unterstützung der Beratung in den Vordergrund stellen. Dann sollte man aber dafür sorgen, dass jedweder Verdacht der Überwachung vermieden wird, denn nun verfügt man theoretisch über die Verbindungsdaten des Telefongesprächs, das als audio file aufgezeichnete Gespräch und die Detaildaten der Softwarenutzung . Die Überwachungseignung ist damit deutlich höher als beim "normalen" Call Center-Betrieb. Die folgenden Grundsätze versuchen, den Anliegen Rechnung zu tragen, eine Überwachung der Leistung oder des Verhaltens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden .

1. Freiwilligkeit
 

Die Benutzung des Systems durch die Beschäftigten erfolgt auf freiwilliger Basis. Sie selber entscheiden, welche Gespräche sie aufzeichnen und für ein Coaching oder eine sonstige Besprechung auswählen.

   
2. Persönliche Verfügung über die aufgezeichneten Daten
 

Bevorzugt sollten Lösungen realisiert werden, die das Speichern der Daten auf dem Speichermedium der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters vornehmen (dezentrale Speicherung). So können sie selber über das Löschen oder die Speicherdauer entscheiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Arbeitgeberseite verpflichtet hat, den Schutz der den Beschäftigten zugewiesenen persönlichen Speicherbereiche zu respektieren. Alternativ dazu könnte die Speicherung auf beweglichen Datenträgern erfolgen, die im Besitz der Beschäftigten bleiben.

Viele der kommerziell vertriebenen Systeme sehen nur eine zentrale Speicherung der aufgezeichneten Sessions vor . Wenn man sich auf ein solches Verfahren einlässt, sollte man sicher stellen, dass nur die Beschäftigten selbst Zugriff auf das über sie aufgezeichnete Datenmaterial haben. Wenn kein Vertrauen bezüglich der Einhaltung einer solchen Regelung besteht, kann man sie durch ein spezielles Audit-Verfahren überwachen.

Vermeiden sollte man Regelungen, in der erst einmal jedes Gespräch aufgezeichnet wird. Die Beschäftigten selbst sollten bestimmen, welche Session gespeichert wird (Selektive Speicherung). Dies kann auch in der Form geschehen, dass Zeitfenster für die Speicherung angegenen werden, z.B. Montag zwischen 8:00 und 14:00 Uhr. Wenn automatisch alle Gespräche aufgezeichnet werden, dann bleibt nur noch die Möglichkeit, dass die Beschäftigten selbst das Material für ihre Coachings auswählen.

   
3. Ausschluss datenschutzrechtlich problematischer Leistungsmerkmale
 

Hersteller bieten das Suchen nach bestimmten Worten und nach besonderen emotionalen Zuständen (Erregtheit, Verärgertheit usw.) an (vgl. Leistungsmerkmale). Hierdurch lassen sich sehr spezielle Persönlichkeitsprofile der Kunden (natürlich auch der Mitarbeiter) erstellen. Einfache Einverständniserklärungen wie z.B. "zur Qualitätssicherung" oder "zu Trainingszwecken" sind zu unbestimmt, um eine datenschutzrechliche Legitimation darzustellen. Wenn die Kunden wissen würden, was man alles mit dem aufgezeichneten voice stream machen kann, hätten sie sich ihre Einwilligung sicher noch einmal überlegt. Die Vereinbarung sollte den Einsatz dieser Leistungsmerkmale explizit ausschließen.

   
4. Festlegung der Bewertungskriterien
 

Für Coachings des Sprachverhaltens allein ist ein solches System überdimensioniert. Ziel der mit Hilfe des Systems erstellten Bewertungen sollte es daher vor allem sein, Schwächen und Verbesserungspotenziale der für die Beratung verfügbaren Software-Anwendungen zu erkennen und im Dialog mit den Entwicklern auf Verbesserungen der Software-Handhabbarkeit hinzuwirken (usability); die in diesem Zusammenhang erörterten Vorschläge betreffen nicht nur die Softwareergonomie der Bildschirm-Layouts, sondern auch das Design des Systems und insbesondere seiner Dialogführung (siehe auch: Regelungsvorschlag zur Beurteilung der Softwarequalität). Zu bedenken ist, dass eine umständliche Handhabung des Softwaresystems während des Telefongesprächs Aufmerksamkeit für den Kunden abzieht und daher auf ein unerlässliches Minimum reduziert werden sollte.

   
5. Festlegung des Auswertungsverfahrens
 

Wir finden es nicht besonders sinnvoll, die Ergebnisse in Einzelgesprächen auszuwerten. Dies bietet sich möglicherweise für die Qualifizierung von "Neulingen" an, die erstmalig den Umgang mit der Software während eines Beratungsgesprächs erlernen sollen. Wenn aber die Verbesserung der Software im Fokus steht, so ist eine Erörterung in geeigneten Teams zusammen mit den Entwicklern (oder den für das Customizing zuständigen Spezialisten) der erfolgversprechendere Weg. Wie auch immer man sich entscheidet, das Verfahren sollte festgelegt werden.

   
6. Kurze Speicherfristen
 

Für das zentral gespeicherte Datenmaterial sollten kurze Speicherfristen (höchstens wenige Wochen) festgelegt werden. Längerfristige Speicherungen sollten nur auf Datenträgern erlaubt sein, über die allen die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen.

   
7. Sparsames Reporting
 

Da die meisten Unternehmen auf das - in der Regel überflüssige - Reporting nicht verzichten wollen, ist hier festzulegen, dass keine Merkmale, die das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschreiben, Gegenstand des Reportings werden. Es sollte möglichst auf statistische "Erfolgsmeldungen" begrenzt bleiben.