Rahmenregelung zum Einsatz von Informationstechnologien

Der folgende Regelungsvorschlag ist (noch) sehr umstritten und bricht mit einer Menge von bisher praktizierten Verfahren. Er versucht, für die anstehenden Probleme ein Konzept zu finden, das dem Anspruch zeitgemäßer und zukunftsfähiger Lösungen entspricht.

 

    Vorbemerkung

    Ein immer größerer Teil der Wertschöpfung wird von Menschen erwirtschaftet, die mit Information umgehen. Steigerungen durch klassische Rationalisierungen versprechen nur noch geringe Erfolge; selbst Firmen, die materielle Güter herstellen, benötigen dabei zunehmend "Informationsarbeit". Wettbewerb entscheidet sich immer weniger über (durch Kostensenkung erzielte) Preise, sondern über Zeit, Qualität und/oder Kundenorientierung. Wir leben in einer Übergangszeit, die sich dadurch auszeichent, daß widersprüchliche Entwicklungen sozusagen nebeneinander stattfinden. Dies erschwert die Orientierung erheblich.

 

Neue Arbeitsplätze

Beispiele für neue informationsorientierte Arbeitsplätze:

  • Tätigkeiten rund um die Online-Präsenz einer Zeitung oder Zeitschrift

  • Neue Dienstleistungen für das lokale Umfeld (z.B. Gestaltung der Online-Werbung für ortsansässige kleine und mittelständische Firmen
Statt die strukturbedingt in Zukunft wegfallenden Arbeitsplätze länger als erforderlich bzw. künstlich am Überleben zu erhalten, werden neue Arbeitsplätze mit einem hohen Anteil informationsorientierter Dienstleistungen eingerichtet, von denen eine höhere Zukunftsfähigkeit erwartet werden kann.

Konkret wird vereinbart, daß für jede diesbezügliche neue Arbeitsmöglichkeit ein "alter"Arbeitsplatz abgebaut werden kann (wobei unter "altem Arbeitsplatz" ein Arbeitsplatz verstanden wird, der strukturwandelbedingt in absehbarer Zukunft wegfallen wird).

 

 

Vorrang von Transfer-Regelungen vor Abfindungen

Sollte es in Zukunft zu Entwicklungen kommen, die Sozialplan-Regelungen erforderlich machen, wird wie folgt verfahren:

  • Die Entschädigung durch Abfindung für einen verlorengegangenen Arbeitsplatz gilt als "ultima ratio", d.h. als Mittel, das erst angewendet werden darf, wenn alle anderen Initiativen versagt haben.

  • Es sollen Programme erarbeitet werden, die das Ziel verfolgen, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, deren Arbeitsplatz in Zukunft wegfällt, dabei zu unterstützen, eine neue Beschäftigung zu finden.

  • Die betroffenen Personen werden dabei aktiv unterstützt (z.B. durch eine Outplacement-Firma), eine Beschäftigung in einer anderen Firma zu finden. Diese Unterstützung umfaßt ein Training, das Fähigkeitsprofil erfolgversprechend darzustellen, Kontakt aufnahme zu Firmen, eventuelle Qualifizierungsmaßnahmen usw.

  • Parallel zur Jobvermittlung kann vom betroffenen Personenkreis eine Unterstützung für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in Anspruch genommen werden. Diese Unterstützung umfaßt das Herausfinden und Präzisieren von Ideen für eine selbständige Tätigkeit und organisatorische Hilfen für die Existenzgründung

 

Flexibilität und Management

Führungskräfte und Mitarbeiter werden nur dann dauerhaft Leistung bringen, wenn sie ihr Privatleben ausbalancieren können. Deshalb müssen Firmen Abstand nehmen von einer Politik des Auspressens und ihre Leute dazu anhalten, lieber weniger, dafür aber besser und produktiver zu arbeiten. Dazu gehören eine familienfreundliche Arbeitspolitik und das Angebot privat nutzbarer Zeitautonomie als Kompensation für die abverlangte Flexibilität.

Hohe Flexibilität erfordert konstante Orientierung als Konterpart. In die leitenden Ziele, auf die Vision eines Unternehmens muß Verlaß sein, andernfalls drohen Loyalitätsverluste. Hier sind Verfahren wie die Balanced Sorecard hilfreich, die zu formulierten Zielen als kontrollierbare Ergebnisse eines Konsensprozesses führen. Managemententscheidungen müssen den Beliebigkeit erzeugenden Sturm-im-Wasserglas-Effekt vermeiden.

Förderung der Flexibilität

Die neuen Tätigkeiten können nur in seltenen Fällen von den "Inhabern" der "alten" Arbeitsplätze ausgeführt werden. Es bedarf unterstützender Aktivitäten, die einerseits die Weiterbildung betreffen, andererseits die Fähigkeiten flexiblen Arbeitenkönnens berühren.

  • Das Unternehmen wird daher alle Möglichkeiten fördern und forcieren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern einzusetzen und sie zu häufigerem Wechsel zu motivieren.

  • Mitarbeiter/innen mit speziellen Qualifikationen übernehmen zeitweise bzw. zeitlich befristet ähnliche Tätigkeiten wie die augenblicklich von ihnen ausgeführten, aber in anderen Organisationsbereichen des Betriebes, Unternehmens oder Konzerns.

  • Jobsharing-Variante des vorgenannten Modells: Die Tätigkeiten in einem anderen Organisationsbereich werden arbeitszeitteilig parallel mit den bisherigen Tätigkeiten ausgeführt.

  • Task-Force-Orientierung: Möglichst viele Aufgaben werden in Projektform organisiert. Die Mitarbeiter/innen dieser Projektteams bleiben in ihren Organisationseinheiten, werden aber für die Projektarbeit teilzeit- oder (in Ausnahmefällen) vollzeit-freigestellt.

  • Die eingesetzte Computertechnik muß den Anspruch erfüllen, daß an jedem Arbeitsort die für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben erforderliche und nützliche Information in leicht verständlicher Weise zur Verfügung steht. Deshalb sind die Systeme offen zu gestalten.


Arbeitszeitregelungen

Flexibilität umfaßt auch ein autonomers Arbeitszeitmanagement. Die Wünsche der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gleichberechtigt mit den Erfordernissen aus Unternehmenssicht zu berücksichtigen.

Autonomere Regelungen der Arbeitszeit lassen viele Zuständigkeiten auf der unmittelbaren Arbeitsebene und beschränken sich auf die Formulierung von Rahmenbedingungen (vgl. Beispiel dezentrale Anzeigenproduktion).

 

Perspektiven der Beschäftigung
Unternehmen können zukünftig ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer weniger eine lebenslange Beschäftigung garantieren. Als Ausgleich dazu könnten sie verpflichtet werden, eine
lebenslange Beschäftigbarkeit zu fördern:
  • Weiterbildung muß so in den Betriebsablauf integriert werden, daß Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit auch in anderen Betrieben und Wirtschaftssektoren arbeiten können.

  • Innerbetriebliche Aushilfs- und Ausleihverfahren können Vielseitigkeit, Flexibilität und Mobilität trainieren.

  • Konzerne können dieses Konzept auf ihre Betriebe übertragen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Einsatz für unterschiedliche Aufgaben in verschiedenen Betrieben des Konzerns anbieten.

  • Neue Selbständigkeit sowie alle Formen der Portfolio-Arbeit werden auf breiter Linie gefördert und in die Arbeitsbeziehungen der dauerhaft oder länger Beschäftigten eingebaut.
Lebenslange Beschäftigbarkeit

Firmen werden in Zukunft immer weniger Arbeitnehmern eine arbeitslebenslange Beschäftigung garantieren können. Statt der bisher üblichen Beschäftigungssicherungs-Forderungen sollte von den Firmen verlangt werden, zu unterstützen, daß ihre derueitigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lebenslang beschäftigbar sind. Dazu sind mehrere Aktivitäten erforderlich:

  • Das Praktizieren unternehmens- oder konzerninternen flexiblen Arbeitseinsatzes fördert die Befähigung zur Flexibilität.

  • Flexibilität darf nicht in Haltlosigkeit und Orientierungslosigkeit enden. Flexibilität in "humaner" Dimension ist nur möglich, wenn das Unternehmen eine verläßliche, längerfristig gültige Vision entwickelt, die sich in der gelebten Unternehmenskultur niederschlaägt und von einem breiten Konsens der Beschäftigten getragen ist.

  • Qualifizierung erhält einen neuen Stellenwert. Sie muß zum dauerhaften Bestandteil der Arbeit selber werden. Man muß sich verabschieden von der Vorstellung, daß schubweise in Form von Schulungen durchgeführte Qualifizierungsmaßnahmen dann für die auszuführenden Tätigkeiten ausreichen (Beispiel traditionelle SAP-Schulungen als Einmalaktion). Qualifizierung ist ein ständiger, in die laufende Arbeit zu integrierender Prozeß.

 

Qualifizierung

Die zukünftigen Qualifizierungskonzepte bedürfen einer grundlegenden Umorientierung. Diese betrifft

  • den lebenslangen Charakter des Lernens und

  • den betonten Anteil der Eigeninitiative im Qualifizierungsprozeß.

Qualifizierungsmaßnahmen sollten deshalb nicht mehr den üblichen Charakter der "Kraftakt-Veranstaltungen" (wie zwei Wochen intensiv SAP-Schulung, ein Jahr später nochmal Aufbauschulung) haben, sondern als Selbstlern-Angebote mit ergänzenden Training und Erfahrungsaustausch organisiert werden. Den beschäftigten sollten Zeitkontingente zum - durch Computer Based Training unterstützten - Selbstlernen eingeräumt werden. Die CBT-Programme können im unternehmensinternen Intranet zur Verfügung gestellt werden. Solche Phasen des Selbstlernens sollten sich abwechseln mit Qualifizierungsveranstaltungen mit Teachern oder Teamern.

Die Qualifizierungs-Offensive sollte die folgenden Aspekte unterstützen:

 

Neue Arbeitsformen

Für viele Bereiche ist Gruppenarbeit die besser geeigente Arbeitsform. Diese Bereiche sollten herausgefunden werden. Dann sollten Rahmenbedingungen der Gruppenarbeit festgelegt werden, die sozusagen die Spielregeln bzw. äußeren Normen der Gruppenarbeit darstellen.

 

Firmenkultur und Führungsmethoden

Neue Führungsmethoden wie z.B. Zielvereinbarungen betreffen vor allem ein anderes Verständnis des Personalmanagements. Auch hier empfiehlt es sich, vor Einführung Rahmenbedingungen festzulegen. Da es sich um prozeßorientierte Aktivitäten handelt, ist besonders darauf zu achten, daß die Zielsetzungen und Verfahren in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Die Beteiligung der Betriebsräte an diesem Verfahren (nach Art und Umfang) sollte ebenfalls festgelegt sein.

 

Schutz vor Überwachung

Das Überwachungspotential beim Einsatz der Internettechniken innerhalb eines Unternehmens ist vor allem bei der Protokollierung von Serverleistungen und bei Workflow-Anwendungen zu sehen. Hier ist zu regeln, was protokolliert wird, an welche Zwecke die Auswertung der Protokolldaten zu binden ist, wer Zugriff auf die entsprechenden Funktionen hat und wie lange die Protokolldaten gespeichert werden (vgl. entsprechende Entwürfe zur Regelung des Internet-Zugangs vom Januar 1998 und September 1997)

 

Beteiligungsrechte der Betriebsräte

Hier müssen neue Formen gefunden werden. Sie sollten sich anlehnen an die initiativrecht-orientierten Regelungen, wie sie für EDV-Rahmenvereinbarungen vorgeschlagen werden.