Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung ist gegen den Willen des Arbeitgebers nicht erzwingbar. Die Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes sieht stattdessen erzwingbare Einzelvereinbarungen für die im Betrieb ein gesetzten Systemen vor. Eine gelungene Rahmenvereinbarung bringt jedoch beiden Betriebsparteien Vorteile: Regelungen für ähnliche Probleme müssen nicht für jedes System neu verhandelt werden. Das Verfahren der Beteiligung des Betriebsrats bei Einführung und Änderung der Systeme ist klarer definiert. Nicht zuletzt kann auf den Abschluss von Einzelvereinbarungen verzichtet werden, wenn beim Systemeinsatz die in der Rahmenvereinbarung getroffenen Regelungen nicht verletzt werden.
Die nachfolgende Rahmenvereinbarung wurde für einen kleineren Betrieb aus der IT-Branche entworfen. Für viele Systeme sind weiterhin ergänzende Einzelvereinbarungen erforderlich, den Beteiligten war jedoch wichtig, grundsätzliche "Spielregeln" für den Softwareeinsatz zu fixieren. Auf eine Passage zur Internet-/E-Mail-Nutzung wurde verzichtet, da dazu bereits eine Einzelvereinbarung im Betrieb existiert.
Zur Wahrung schutzwürdiger Belange und Rechte der Mitarbeiter in der Planung, Einführung, Änderung und Nutzung von EDV-Systemen werden mit dieser Betriebsvereinbarung Grundsätze zur Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter aufgestellt. Dies beinhaltet insbesondere den Schutz der personenbezogenen Daten sowie den Schutz vor einer unzulässigen Leistungs- und Verhaltensüberwachung.
Diese Betriebsvereinbarung gilt persönlich für alle Arbeitnehmer der [Unternehmen] i.S.d. § 5 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der Auszubildenden.
Die Betriebsvereinbarung gilt fachlich für alle im Betrieb eingesetzten EDV-Systeme.
Diese Betriebsvereinbarung enthält Rahmenregelungen für den Einsatz von EDV-Systemen. Soweit die hier beschriebenen Regelungen eingehalten werden, sind für die eingesetzten Systeme keine weiteren Vereinbarungen notwendig.
Abweichungen, Ergänzungen und präzisierende Regelungen zu dieser Rahmenvereinbarung sind jedoch möglich. Sie sind einvernehmlich in ergänzenden Einzelvereinbarungen zu dieser Betriebsvereinbarung zu vereinbaren. Das mitbestimmungsrechtliche Beteiligungsverfahren ist in Ziffer 6 vereinbart.
Die Systeme werden nicht zum Zweck einer Leistungs- und Verhaltenskontrolle verwendet, es sei denn, dies wird explizit vereinbart.
Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gelten die Grundsätze der Zweckbindung und Verhältnismäßigkeit.
Der Grundsatz der Zweckbindung bedeutet, dass nur solche Verarbeitungen erfolgen, für die vorher der Verwendungszweck im Detail festgelegt worden ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass der Umfang der zu verarbeitenden persönlichen Mitarbeiterdaten auf das zur jeweiligen Zweckerfüllung erforderliche Maß begrenzt bleibt.
Die Speicherdauer wird so kurz gehalten, wie es für die Erreichung der Zwecke unbedingt nötig ist. Nicht mehr benötigte Daten werden unverzüglich gelöscht. Nach Möglichkeit werden zur Löschung automatisierte Verfahren verwendet.
Beim Einsatz von EDV-System ist jeweils zu prüfen, ob die Verwendung personenbezogener Daten unbedingt erforderlich ist. Vorzuziehen ist eine Konfiguration, bei denen personenbezogene Auswertungen nicht zur Verfügung gestellt werden. Ist das Deaktivieren solcher Funktionen nicht möglich, so sind Lösungen zu vereinbaren, die eine anonyme Benutzung der Systeme vorsehen (z.B. durch die Verwendung von Gruppenaccounts mit mind. fünf Mitarbeitern).
Aufzeichnungen des Betriebssystems und der systemnahen Software über das Benutzerverhalten bezüglich eines EDV-Systems sowie Systeme, die zur Gewährleistung der Systemsicherheit des Computernetzwerks eingesetzt werden (z.B. Virenscanner, Firewall, Spamfiler, Intrusion Detection Systeme), werden im Bedarfsfall nur benutzt
Der Zugriff auf diese Daten ist auf die mit der technischen Administration der Systeme betrauten Personen begrenzt. Dem Betriebsrat werden auf Anforderung die Namen der Administratoren mitgeteilt.
Aus den Zugriffen gewonnene Informationen dürfen nur im Rahmen der Zweckbestimmung aufbereitet und weitergegeben werden. Erlangen Personen Informationen, die sie gemäß den Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht erhalten sollen, so sind sie verpflichtet, hierüber Stillschweigen zu wahren.
Zur Unterstützung der Benutzer stehen Remote-Control-Funktionen (Aufschalten von Remote-Unterstützern auf Rechner der Benutzer) zur Verfügung. Die Arbeitsplatzrechner werden so eingerichtet, dass ein Aufschalten durch Dritte nur nach ausdrücklicher Freigabe der Funktion durch die Benutzer möglich ist, wobei für die Benutzer der jeweilige Systemzustand jederzeit erkennbar sein muss und die Aktivitäten der Remote-Unterstützer von den Benutzern jederzeit unterbrochen werden können.
Jeder Mitarbeiter hat Zugriff auf persönliche Speicherbereiche, auf die er allein Zugriff erhält.
Jeder Mitarbeiter entscheidet eigenverantwortlich unter Beachtung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen über die Freigabe von Dokumenten, die sich in den ihm zugeordneten Speicherbereichen befinden.
Die Systemadministration darf diese Bereiche nur mit Einverständnis des Benutzers oder bei akuter Gefahr für die Systemsicherheit oder Beeinträchtigung der Systemverfügbarkeit mit nachträglicher Information des Benutzers einsehen.
Die Verwendung von persönlichen Kalendern, Terminverwaltung, Aufgabenlisten und Instant Messaging Tools o.ä. erfolgt freiwillig.
Sofern bei der Bearbeitung von Vorgängen in den Systemen ein die Person des Mitarbeiters identifizierendes Kennzeichen in den Datensätzen gespeichert wird, dient es lediglich der Kenntlichmachung einer verantwortlichen oder zuständigen Person im jeweiligen Einzelfall.
Es werden keine Programmfunktionen eingerichtet oder genutzt, die Statistiken oder Listen erstellen, in denen solche Mitarbeiterkennzeichen verwendet werden. Nur dem jeweiligen Mitarbeiter selbst können Anzeigen zur Verfügung gestellt werden, aus denen die von ihm zu bearbeitenden bzw. bearbeiteten Vorgänge ersichtlich sind.
Falls mit Einführung eines Systems Arbeitsabläufe, insbesondere die Abgrenzung von Tätigkeiten und deren Zuordnung zu Personen, verändert werden sollen, so werden diese zuvor ausführlich mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern erörtert.
Dieses Verfahren gilt auch für wesentliche Änderungen von Arbeitsabläufen nach Einführung des Systems.
Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit sich im Bedarfsfall an den zuständigen Betriebsrat zu wenden, damit dieser, z.B. bei Unstimmigkeiten, mit der Unternehmensleitung eine einvernehmliche Lösung herbeiführen kann.
Personenbezogene und kleingruppenbezogene ( Gruppen mit weniger als fünf Mitarbeitern) Auswertungen sind nicht gestattet, es sei denn, dass sie durch gesonderte Betriebsvereinbarungen im Einzelfall zugelassen sind.
Der Betriebsrat wird vor deren Durchführung über Auswertungen anonymisierter Datenbestände unterrichtet. Die Ergebnisse dieser Auswertungen werden dem Betriebsrat mitgeteilt und erläutert. Dies gilt insbesondere für alle Auswertungen und Übersichten über betriebswirtschaftliche Kennziffern, die für Vergleiche der [Unternehmen] mit anderen Organisationseinheiten des Konzerns verwendet werden sollen.
Der Betriebsrat befürchtet ein "Rattenrennen" zwischen den verschiedenen und teilweise miteinander konkurrierenden Standorten und fordert an dieser Stelle eine weitreichende Information über vergleichende Auswertungen .
Das Unternehmen stellt dem Betriebsrat für jedes System das Berechtigungskonzept vor. Die Zugriffsrechte in den Systemen werden so vergeben, dass jede berechtigte Person nur Zugriff auf den Datenbestand hat, der ihrem Verantwortungsbereich entspricht.
Rechte zur Systemkonfiguration und Systemeinschränkung erhalten nur die Mitarbeiter der technischen Administration. Nur in begründeten Ausnahmefällen wird die Berechtigung an solche Mitarbeiter vergeben, die später mit dem System arbeiten werden. In diesen Fällen ist für diese Mitarbeiter ein zusätzlicher Admin-Account einzurichten, so dass die Erledigung des Tagesgeschäfts mit einer niedrigeren Berechtigung erfolgen kann.
Schulungen zur Nutzung neuer Systeme erfolgen rechtzeitig vor Inbetriebnahme und durch fachlich und pädagogisch qualifizierte Experten. Schulungen werden innerhalb der Arbeitszeit durchgeführt. Finden Sie ausnahmsweise außerhalb der Arbeitszeit statt, so sind sie auf diese anzurechnen.
Das Schulungskonzept wird dem Betriebsrat vorgestellt und mit ihm einvernehmlich abgestimmt. Das Konzept enthält u.a. folgende Informationen:
Für neu eingestellte Mitarbeiter werden individuelle Lösungen gesucht, die zu einer entsprechenden Qualifizierung führen.
Bei Änderungen und Erweiterungen von Systemen werden die betroffenen Anwender auf die sie betreffenden Änderungen hingewiesen.
Handelt es sich um umfangreichere Änderungen, so finden für alle Betroffenen entsprechende Schulungen statt.
Den betroffenen Mitarbeitern stehen in der Einführungsphase, bei komplexen Softwaresystemen auch darüber hinaus, Ansprechpartner zur Verfügung, an die sie sich bei Fragen und Problemen wenden können. Soweit Mitarbeiter des Unternehmens Ansprechpartner sind, werden diese in dem erforderlichen Umfang von ihren anderen Aufgaben freigestellt.
Die Mitarbeiter haben gemäß BDSG das Recht auf Auskunft über alle Daten, die in den Systemen über sie gespeichert werden. Die Auskunft wird schriftlich erteilt. Auf Wunsch wird den Mitarbeitern Einsichtnahme in die entsprechenden elektronischen Formulare, ggf. im Beisein einer qualifizierten Person, gewährt.
Bei dieser Gelegenheit erhalten die Mitarbeiter auch Informationen darüber, wo die sie betreffenden Daten gespeichert sind und welche Personen Zugriffsrechte auf diese Daten besitzen.
Über Daten in personalwirtschaftlichen Systemen erhalten die Mitarbeiter auf Wunsch eine aktuelle Auflistung aller zu ihrer Person gespeicherten Daten in schriftlicher Form.
Unzulässig gespeicherte Daten sind zu löschen. Falsche Daten sind zu berichtigen.
Der Betriebsrat ist jederzeit berechtigt, die Einhaltung der Betriebsvereinbarung zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wird ihm insbesondere gestattet, gemeinsam mit einer qualifizierten Person Einsicht in die Systeme, die Systemeinstellungen sowie die hinterlegten Berechtigungen zu nehmen. Alle auftauchenden Fragen werden ihm fachkundig erläutert. Auf Wunsch werden ihm die entsprechenden Dokumentationen (Software und Hardware) zur Verfügung gestellt.
Der Betriebsrat kann zu diesem Zweck einen technischen Sachverständigen seiner Wahl hinzuziehen. Die Kosten des Sachverständigen trägt der Arbeitgeber.
Bei Verstößen von Mitarbeitern gegen diese Rahmenvereinbarung oder eine Einzelvereinbarung verpflichtet sich das Unternehmen, Maßnahmen, z.B. die Außerbetriebnahme von Teilen des Systems oder Abschalten des Reportings zu ergreifen. Maßnahmen sind abhängig von der Schwere des Verstoßes und im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zu treffen.
Über ein geplantes neues System wird der Betriebsrat so rechtzeitig informiert, dass der Betriebsrat Gestaltungsalternativen einbringen kann.
Auf Verlangen erhält der Betriebsrat von der Arbeitgeber ein Konzept, aus dem folgende Informationen hervorgehen:
Ein umfangreicher Katalog für die Information, der aber nicht für jedes System, sondern nur auf Verlangen des Betriebsrats erstellt werden muss, so dass man sich nicht mit bürokratischem Ballast bei offensichtlich unproblematischer Software herumschlagen muss.
Bei den anschließenden Beratungen wird überprüft, ob die in dieser Rahmenvereinbarung getroffenen Regelungen ausreichend sind oder für das System eine ergänzende Einzelbetriebsvereinbarung abgeschlossen werden muss.
Kommt eine einvernehmliche Regelung nicht zustande, so entscheidet eine Einigungsstelle gem. Ziffer 6.5..
Vor Veränderungen oder Erweiterungen bestehender Systeme informiert die Geschäftsführung den Betriebsrat insbesondere über die Abweichungen zur alten Version.
Ergeben sich durch geplante Veränderungen Abweichungen von den Bestimmungen dieser Vereinbarung bzw. einer ggf. abgeschlossenen Einzelvereinbarung, so nehmen die Parteien Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung auf.
Macht eine Seite geltend, dass bei der Nutzung eines Systems neue Probleme und Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter entstanden sind, so wird über diese Angelegenheit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung verhandelt.
Diese Formulierung ermöglicht es den Parteien, Regelungen für eingesetzte Systeme nachzujustieren, ohne die betreffenden Vereinbarungen kündigen zu müssen. Eine technische Änderung an den Systemen ist dafür nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn eine Seite neue Probleme im Umgang mit einem System erkannt hat und dazu eine Nachverhandlung verlangt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist also nicht verbraucht. Bei Nichteinigung entscheidet die in Ziffer 6.5. vorgesehene Einigungsstelle.
Für neue Systeme werden gem. Ziffer 6.2 auf Verlangen einer Partei Einzel-Betriebsvereinbarungen abgeschlossen.
Systeme, für die nach Auffassung beider Seiten keine Einzelbetriebsvereinbarung erforderlich ist, werden in Anlage 1 mit einem entsprechenden Vermerk dokumentiert.
Der Betriebsrat erhält vor Unterzeichnung dieser Rahmen-Betriebsvereinbarung eine Liste, die diejenigen Systeme aufführt, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung bereits verwendet werden. Jede Partei kann zu diesen Systemen Regelungsbedarf geltend machen und Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen, ergänzenden Betriebsvereinbarung verlangen.
Kommt das Einvernehmen in den durch diese Rahmenvereinbarung bzw. den Einzelvereinbarungen vorgesehen Fällen nicht zustande, so entscheidet eine gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.
Die Grundlage für die Handhabung von personenbezogener Daten regelt das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Die Datenspeicherung, -übermittlung und -nutzung ist gemäß § 28 BDSG geregelt. Unabhängig von allen hier getroffenen Vereinbarungen ist die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu gewährleisten.
Personenbezogene Daten werden ausschliesslich auf hierfür eingerichteten Servern in Deutschland oder Frankreich gespeichert und verarbeitet. Der Transfer sowie die Auswertung dieser Daten in Länder/n, die nicht Mitglied der EU sind, ist nicht zulässig.
Externe Dienstleister werden vom Unternehmen vertraglich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieser Vereinbarung verpflichtet. Der Betriebsrat erhält auf Verlangen eine Kopie der entsprechenden Vereinbarung.
In vielen Konzernen wird die rund um den Globus verteilte Datenspeicherung zu einem immer größer werdendenProblem für die Mitarbeiter und die Betriebsräte. Wer kann noch kontrollieren, was mit Personendaten passiert, die in Indien, Südkorea oder Singapur gehostet werden? Niemand. Deshalb gibt es strenge Datenschutzvorschriften für die Datenhaltung im Ausland. Dem wird in dieser Vereinbarung Rechnung getragen, indem festgehalten wird, dass Personendaten nur in Deutschland und Frankreich abgespeichert werden.
Werden Informationen unter Verletzung von Bestimmungen dieser Rahmenbetriebsvereinbarung oder von Einzelbetriebsvereinbarungen gewonnen oder weiterverarbeitet, so sind sie zur Begründung personeller Maßnahmen nicht zugelassen; eventuell ergriffene Maßnahmen sind zurückzunehmen.
Diese Rahmenvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle der Kündigung wirkt sie nach bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung.