Betriebsvereinbarung zum Einsatz eines Personaleinsatzplanungssystems in einem ServiceCenter

Es handelt sich um das ServiceCenter eines Versicherungsunternehmens, über das ein Großteil der Kundenkontakte abgewickelt wird. Die Kundenanliegen reichen von einfachen Anfragen bis zu relativ komplexen Sachbearbeitungsaufgaben.

 

 

1. Gegenstand und Geltungsbereich
 

Diese Betriebsvereinbarung regelt den Einsatz eines Personaldispositionssystems im Service-Center der [Name des Unternehmens] und gilt für alle dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das eingesetzte Software-Tool steht am Arbeitsplatz als Wewb-Service zur Verfügung. Anlage 1 enthält eine Beschreibung des Leistungsumfangs und wird auf dem aktuellen Stand gehalten.

2. Telefonie
 

Für die Dauer von sechs Monaten wird ein Verfahren erprobt, nach dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden mit MA bezeichnet) nicht mehr ihre geplante Telefonierzeit in Form von sog. T-Blöcken in das System eingeben, sondern nur noch ihre arbeitstäglich gewünschte Beginn- und Endzeit.

Die Telekommunikationsanlage (TKA) stellt einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter einen Telefonanruf zu. Mit Ende des Gespräches haben diese – wie bisher -

  • eine voreingestellte maschinelle Nachbearbeitungszeit von 30sec,

  • die manuell um weitere 120sec verlängern werden kann und/oder

  • danach die Möglichkeit, in den Auszustand „Nachbearbeitung“ zu wechseln, um dann den Vorgang vollständig fallabschließend zu erledigen.

Während dieser Zeit steht die betroffene Person der Anlage für die Zuteilung eines neuen Telefongesprächs nicht zur Verfügung. Erst wenn wieder in den Zustand „bereit“ gewechselt wird, reiht die TKA die Mitarbeiterin bzw. den Mitarbeiter neu in die Gesprächsverteilung ein. Den nächsten von der Anlage vermittelten Telefonanruf erhält dann diejenige Person, die sich im Status „bereit“ befindet, die erforderliche Fähigkeit für die Entgegennahme eines über das Rufnummernkonzept gesteuerten Anrufes besitzt und am längsten nicht mehr telefoniert hat.

Für andere zu bearbeitenden Vorgänge, z.B. E-Mail, wird ebenso verfahren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind solange aus der Vermittlung durch die TKA ausgeschlossen, bis sie sich wieder im Status „bereit“ befinden. Bei anderen Tätigkeiten und in den Pausen aktiviert die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter den jeweiligen „Zustand“ an seinem Telefon bzw.mit Hilfe der Software CCAgent.

Alle verwendeten „Auszustände“ derMitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Anlage 2 zu dieser Regelung vereinbart.

Für Zeiten mit hohem Telefonaufkommen können Ausnahmeregelungen getroffen werden, z.B. dass die sich an das Telefonat unmittelbar anschließende Nachbearbeitung in eine spätere Zeit verschoben wird. Das Eintreten dieses „Ausnahmezustandes“wird durch ein Ampelsystem angezeigt; dieses ist in Form einer jederzeit auf dem Bildschirm sichtbaren Toolbox realisiert. Die Anzeige des Systems wird manuell durch die zentrale Kapazitätsplanung angestoße.

Beide Seiten teilen die Auffassung, dass die Ausnahmen nicht zur Regel werden dürfen. Um die Nachvollziehbarkeit durch die MA zu gewährleisten, muss der Zustand jederzeit deutlich erkennbar sein. Hierfür müssen noch geeignete Formen der Visualisierung gefunden werden (z.B. Aufstellen von Ampeln oder eine Softwarefunktion), die allen MA den aktuellen Zustand in einer Art Ampelform anzeigt.

3. Verlässliche Planung
 

Zur Ermittlung des Personalbedarfs werden historische Werte über die eingehenden Telefonanrufe in Halbstundenschritten durch geeignete Auswertungen aus der TKA herangezogen. Beide Seiten stimmen in der Auffassung überein, dass eine realistische und verlässliche Planung des Telefonbedarfs unabdingbare Voraussetzung für eine gut funktionierende Personaleinsatzplanung darstellt. Deshalb kommt der ständigen Verbesserung der Planung ein hoher Stellenwert zu.

4. Planungsvorlauf
 

Bis zum in der Regel 18. des laufenden Monats (bzw. zum nächst davor liegenden Werktag) tragen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeitszeitwünsche in Form einer – ebenfalls in Halbstundenschritten angegebenen- Beginn- und Endzeit ein. Dabei sind folgende Regelungen zu beachten:

  • Bereits vorher bekannte Nicht-Telefonierzeiten werden in dem Planungsdokument auf der Zeitachse eingetragen (z.B. Projektarbeit, Coaching, Schulung)

  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen Arbeitszeitvorgaben bei ihrer ansonsten nach eigenen Vorstellungen erfolgenden Planung beachten (vorgegebene Dienste). Diese Vorgaben betreffen z.B. die Anzahl der im zu verplanenden Monat erforderlichen 18-Uhr-Dienste, 17-Uhr-Dienste, 8-Uhr-Frühdienste oder den Outbound nach 18 Uhr sowie der 20-Uhr-Dienste für den Vermittlerservice.

  • Die Vorgaben werden unter Berücksichtigung des jeweiligen Arbeitsvertrages (Teilzeitbeschäftigung) auf individuelle Anforderungen anteilig berechnet und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrem Planungsformular sichtbar gemacht.

Die Angaben in dem Planungsformular werden programmgesteuert auf Einhaltung der individuellen Vorgaben geprüft. Um die gerechte Verteilung der vorgegebenen Dienste zu überprüfen, wird eine Auswertung zur Verfügung gestellt, die Auskunft über die Einhaltung dieser vorgegebenen Dienste gibt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten einen Zugriff, mit dessen Hilfe sie

  • die eigenen Einsatzwünsche für den kommenden Monat eingeben können (Schreibrecht) und

  • die Einsätze ihrer Kolleginnen und Kollegen im Planungsvorlauf des Folgemonats und im aktuellen Monat sehen können (Leserecht).

Nach Abschluss der Mitarbeiterplanungs-Phase nimmt die zentrale Kapazitätsplanung die Anpassung der Mitarbeitereinsatzwünsche an den aus der Planung abgeleiteten Personalbedarf vor. Ab diesem Zeitpunkt können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr in ihr Planungsformular schreiben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei ihrer Planung ihren Anteil an vorgegebenen Diensten nicht erfüllt haben, erhalten automatisch einen Hinweis aus dem System. Der zentralen Kapazitätsplanung steht eine entsprechende Auskunftsfunktion zur Verfügung.

5. Abweichungen von der Einsatzplanung
 

Es wird eine zentrale Instanz geschaffen, der die Kapazitätsplanung und die endgültige Entscheidung über den Personaleinsatz obliegt.

Änderungen gegenüber den von den MA geäußerten Einsatzwünschen werden dann vorgenommen, wenn der geplante Personaleinsatz und der erwartete Telefonier-Bedarf nicht übereinstimmen. Diese Aufgabe obliegt ausschließlich der zentralen Kapazitätsplanung.

Der Kapazitätsplaner sucht zunächst eine Anpassungslösung auf der Basis von Freiwilligkeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Recht, drei Mal hintereinander einen von ihnen nicht geplanten Dienst abzulehnen. Danach sind sie verpflichtet, den von ihrer Planung abweichenden Personaleinsatz zu akzeptieren. Zu diesem Zweck wird im System pro Person ein Zähler eingebaut, der die abgelehnten Vorschläge hoch zählt und bei einem verpflichtenden, von der eigenen Planung abweichenden Personaleinsatz wieder auf Null gesetzt wird.

Die Durchführung der Einsatzplanung ist in Anlage 3 im Detail beschrieben.

6. Zuteilung von Services
 

Beide Seiten gehen davon aus, dass von der persönlichen Planung abweichende Personaleinsätze, insbesondere die 18-Uhr-Dienste, durch eine realitätsnahe Planung so weit wie möglich vermieden werden sollen. Dies wird aber nicht in jedem Fall möglich sein.  Die nicht freiwillige Zuteilung von Personaleinsätzen erfolgt aus Gründen maximaler Gerechtigkeit nach folgendem Verfahren:

  • Für jede nach 16:00 Uhr geplante und geleistete halbe Arbeitsstunde wird vom System ein Punkt vergeben und auf einem speziellen Punktekonto gebucht;

  • für nicht mit der zentralen Kapazitätsplanung bzw. der Führungskraft abgestimmte freiwillige Arbeit nach 16:00 Uhr erfolgt keine Punktvergabe.

  • Es wird die Summe aller vom System vergebenen Punkte gebildet und in Relation zu der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit gesetzt.

  • Dieser Quotient bestimmt die Position der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters im Punktekonto für die Zuteilung eines nicht freiwilligen Einsatzes

Muss ein unfreiwilliger Dienst vergeben werden, so wird er derjenigen Person zugeteilt, die drei Mal einen abweichenden Einsatz abgelehnt hat und den niedrigsten Quotienten von Nach-16-Uhr-Halbstunden zu ihrer tatsächlichen Arbeitszeit ausweist. Krankheit und langfristig geplante Abwesenheiten werden nicht in die Berechnung einbezogen.

7. Personenbezogene Daten im System
 

In Anlage 4 sind die im System gespeicherten personenbezogenen Daten vereinbart. Die Anlage enthält auch die Ausprägung der verwendeten Schlüssel (z.B. Arbeitsarten und Abwesenheit).

Ein Zugriff auf die Datenbank des eingesetzten Systems erfolgt nur über die in diesem System eingerichteten Programmfunktionen gemäß dem in Anlage 5  beschriebenen Berechtigungskonzepts.

8. Auswertungen
 

Während der Erprobungsphase werden in anonymer Form auf Wochen- und Abteilungsbasis die Zahl der bearbeiteten Anrufe, die reine Telefonierzeit (call handling time), die für Telefonie bereite Zeit (wait time), und die Anmeldezeit an der TKA  (login time) ausgewertet.

Anlage 6 enthält je ein Muster dieser Auswertungen. Der Betriebsrat erhält die Auswertungen in Kopie.

9. Erfahrungsaustausch und Erprobung
 

Beide Seiten vereinbaren nach Bedarf einer Seite (spätestens nach vier Monaten) einen Erfahrungsaustausch, bei dem überprüft wird, ob sich die Regelungen bewährt haben. Zu dieser Beratung werden Auswertungen über den benötigten, geplanten und tatsächlichen Personaleinsatz herangezogen. Gegebenenfalls werden Änderungen vereinbart.

Bis zu diesem Zeitpunkt werden die organisatorischen Rahmenbedingungen, die zu Beginn der  Erprobung vorlagen, konstant gehalten.

10. Schlussbestimmungen
 

Sollten Daten, die Leistung und/oder Verhalten von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern beschreiben, unter Missachtung von Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung erhoben oder verarbeitet werden, so sind sie als Beweismittel zur Begründung personeller Maßnahmen nicht mehr zulässig; hierauf gestützte personelle Einzelmaßnahmen sind zurückzunehmen.

Diese Vereinbarung tritt mit Produktivschaltung des ersten Teilsystems in Kraft. Sie kann mit einer Frist von einem halben Jahr zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung wirkt sie nach bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung.