Vom Ende der Personalarbeit - Neues aus der Human Resources-Kiste von SAP


Human Capital Management heißt jetzt das ehemalig SAP-System HR (Human Resources). In einem Zeitalter, in dem das Finanzmanagement das Sagen hat, ist das eine konsequente Anpassung der Sprachregelung, oder auf deutsch: des wording.

Was ist neu?

SAP hat wie gesagt das alte R/3-System HR umbenannt in Human Capital Management (HCM). Es kommt jetzt im Packet mySAP ERP 5.0 daher, verbandelt mit den Employee Self Services und ihrem Gegenstück, den Manager's Self Services, dem Business Warehouse, auf das sich das Reporting stützen soll und dem Kitt, der alles zusammenhält (auch wenn es nicht zusammen passt), genannt NetWeaver.

Unter Employee Interactiv Center (EIC) wird ein Bundle gehandelt, das die klassische Personalarbeit mit den Verfahren eines Call Centers verbindet. Schluss mit der offensichtlichen Ressourcenvergeudung, dass eine Mitarbeiterin sich an einen für sie zuständigen Personalreferenten wenden kann (oder umgekehrt ein Mitarbeiter an eine Referentin). Statt dessen wird ein SPOC geschaffen (hat nichts zu tun mit Raumschiff Enterprise/Star Track, sondern nennt sich Single Point of Cantact). Das ist eine Telefonnummer und ein Mail Account, eventuell auch noch eine Faxnummer. An den SPOC können sich die Leute wenden, die etwas vom Personalbereich wollen. Sie werden dann in eine Warteschlange befördert, wie beim Call Center. Wenn ein agent frei ist, nimmt er den call an (oder das work item, wenn man auf die Idee kommt, auch die Mails und Faxe als digitalisierte Dokumente in einer Warteschleife zu verwalten und zu agents zu routen, die just in diesem Augenblick nichts zu bearbeiten haben). Jedes Mal, wenn man etwas will, gerät man natürlich an einen anderen Ansprechpartner, halt an einen, der gerade erreichbar ist. Wer eine Frage hat, bekommt auch nicht mehr schnell eine Antwort. Erst wird ein trouble ticket eröffnet, in dem das Anliegen des Kunden erfasst wird. Dem Prinzip folgend, auch Arbeitsbeziehungen in Kunden-Lieferanten-Beziehungen aufzulösen, sind Mitarbeiter nun Kunden, und Personalarbeit ist demzufolge ein Service. Dafür gibt es selbstverständlich einen Service Level, der - ebenfalls selbstverständlich - vom System gemonitort oder zumindest regelmäßig reportet wird.

Voraussetzung für das Spiel ist, dass vorher die Prozesse harmonisiert werden. Dazu werden sie erst einmal definiert, dann vereinheitlicht und schließlich gestreamlined. Hier schon versprechen die Consultants von den einschlägigen Beratungsfirmen den Unternehmen gigantische Rationalisierungsgewinne. Ganz nebenbei: jetzt sind die Voraussetzungen geschaffen, um den Personalbereich komplett oder Teile davon outzusourcen. Skill based Routing besorgt dann den Rest: Einfache Probleme werden weitergeleitet an Call Center-Agents, die auch nur für die Beantwortung einfacher Probleme ausgebildet sind - und auch gerne dort alloziert sind, wo wenig qualifizierte Arbeitskräfte wenig Geld für ihre Arbeit bekommen (Prag oder Dublin -> Bandalore -> Shanghai). Schwierige Probleme - so die Empfehlung der Consultants - gehen dann direkt an die Rechtsabteilung (die vielleicht auch schon outgesourced ist - wenn sie Pech hat, ohne dass sie es gemerkt hat).

Die andere Seite der Rationalisierung wird im Selbstbedienungsverfahren erledigt. Dafür gibt es die Employee Self Services oder auch entsprechende Services im Intranet - Umschalten von der Informations-Bringschuld des Arbeitgebers auf die Holschuld der Beschäftigten.

Mit diesem Szenario werden die Betriebsräte deutscher Konzernunternehmen heute massiv konfrontiert. Deren Begeisterung hält sich in Grenzen, doch die Ratlosigkeit steigt, denn oft waren es ferne Konzernzentralen, die das Szenario angeordnet haben. Selten sind die lokalen Manager glücklich, lässt sich doch nicht verbergen, dass neben dem Bedeutungsverlust des Bereichs Personal die eigenen Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Wo beispielsweise ehemals 50 Mitarbeiter ihren Job taten, sollen in Zukunft 20 ausreichen - da macht man sich schon seine Gedanken.

Hier der Versuch, in einer Betriebsvereinbarung mit dem Themenblock fertig zu werden (in Stichworten):

1. Gegenstand und Geltungsbereich
 

Benennung des Projekts, Bezeichnung der einzelnen Programmteile und Einsatzgebiete, Benennung des betroffenen Personenkreises. Eventuell Ausschluss der Leitenden Angestellten, wenn das Unternehmen es so will - die dann einzig wirklich schutzlosen Wesen.

 

2. Zielsetzung
 

Ziel der Vereinbarung ist es, mit dem Betrieb der genannten Systeme den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten. Da das Ganze auch eine Betriebsänderung ist (Änderung der Aufbauorganisation, grundlegende Änderung der Arbeitsmethodik) , können auch der Schutz der Arbeitsplätze und der Erhalt der Arbeitsqualität angesprochen werden. Ein weiteres Anliegen ist die Wahrung zumindest eines Restes von individuellem Spielraum angesichts der Standardisierungstendenzen.

 

3. Allgemeine Grundsätze
 

Es ist gut, daran zu erinnern, was die seit Jahrzehnten erstrittenen Standards der Personaldatenverarbeitung sind: Für die Verarbeitung personenbezogener Daten gelten die Grundsätze der Zweckbindung, Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit.

  • Der Grundsatz der Zweckbindung bedeutet, dass nur solche Verarbeitungen erfolgen, für die vorher der Verwendungszweck im Detail festgelegt worden ist.

  • Normenklarheit bedeutet, dass die Verarbeitungsregeln für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transparent und verständlich sein sollen.

  • Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass der Umfang der zu verarbeitenden persönlichen Arbeitnehmerdaten auf das zur jeweiligen Zweckerfüllung erforderliche Maß begrenzt bleibt.

Bewährt hat sich das Verfahren, aus der Flut der vielen Daten diejenigen herauszugreifen, die man wegen ihrer erhöhten Überwachungseignung als besonders schutzwürdig bezeichnen kann: Als wegen ihrer Überwachungseignung besonders schutzwürdig im Sinne dieser Vereinbarung gelten Daten über

  • Arbeitszeit, insbesondere Fehlzeiten,
  • arbeitsmedizinische Tatbestände, Behinderung und Arbeitseinschränkungen,
  • Beurteilung, insbesondere vereinbarte Ziele und Zielerreichungs-Kennzahlen,
  • Details über die Qualifikation (Skills und Skill-Level),
  • Freizeit und öffentliches Leben.


Alle Auswertungen, bei denen auf solche besonders schutzwürdigen Daten zugegriffen wird, sind im Einzelnen zu vereinbaren. Abweichungen von den Grundsätzen der Vereinbarung sind nur erlaubt, wenn dies vorher ausdrücklich vereinbart worden ist. Soweit die im Folgenden benannten Grundsätze beachtet werden, bedarf es dann keiner weiteren Regelungen.

 
3.1 Grundsätzliches zum Thema Workflow
 

Workflows sind automatisierte Arbeitsabläufe und legen damit fest, wie die Arbeit im Einzelnen zu erfolgen hat. Normalerweise lässt sich die Art, wie gearbeitet wird, durch Absprache ändern. Das geht nicht mehr, wenn die Abläufe elektronisch sozusagen festverdrahtet sind. Änderungen erfordern jetzt einen meist sehr tiefen Eingriff in das Softwaresystem, der oft nur von Externen für teures Geld vorgenommen werden kann (man hat ja die eigenen Ressourcen weitgehend outgesourced). Deshalb sollte man es zur Pflicht machen, dass vor der Einführung eines Workflows überlegt wird, ob dem Erhalt der betrieblichen Flexibilität nicht Vorrang vor der Standardisierung und Festlegung durch einen Workflow eingeräumt werden sollte.

Ein zweites Konfliktfeld stellen die Genehmigungs-Workflows dar. Nicht nur, dass sie das System mit zahlreichen hin- und hergehenden Mails verstopfen, sie verleiten auch die Führungskräfte dazu, den kommunikativen Kontakt auf Klicken und Mailen zu reduzieren. Viel Ärger gibt es auch, wenn Genehmigungen wieder aufgehoben werden und die Beschäftigten nichts in der Hand haben, dass beispielsweise ihr Urlaub genehmigt war. Deshalb sollte man den Grundsatz vereinbaren, zumindest im Regelfall Workflows nicht zur Konsensfindung einzusetzen, sondern die Eingaben ins System erst dann vorzunehmen, wenn die betroffenen Personen sich geeinigt haben. Ausnahmen von diesem Grundsatz wären dann im Einzelnen zu begründen.

Der nächste regelungsbedürftige Punkt betrifft das Eskalationsmanagement. Damit ist gemeint, was passieren soll, wenn eine Bedingung, z.B. ein Termin, nicht eingehalten werden kann. Die Regelung könnte lauten: Soweit Workflow-Funktionen mit Eskalationsmanagement genutzt werden, so werden diese Funktionen primär zur Überwachung und Steuerung der eigenen Arbeit der Betroffenen genutzt. Die Weiterleitung eines Vorgangs an Dritte (Vorgesetzte) bei nicht termingerechter Bearbeitung erfolgt erst nach Erinnerung und Nachfristsetzung. Die Workflowbearbeiter werden über das sie betreffende Regelwerk informiert.

 

3.2 Employee Self Services(ESS) und Manager's Self Services(MSS)
 

Es werden nur solche Employee Self Services (ESS) und Manager Self Services (MSS) eingeführt, die intuitiv zu bedienen sind und eine spürbare Entlastung von administrativen Arbeiten oder Routinetätigkeiten bringen. Dies wird in einem vor der Einführung erstellten Szenario näher dargestellt und nach angemessener Anwendungszeit (in der Regel nach einem Jahr) neu bewertet. Nicht bewährte Anwendungen werden wieder eingestellt.

Eine Einführung erfolgt nur in solchen Bereichen, in denen alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über einen vernetzbaren PC verfügen. Ein Problem stellen die Kiosk-PCs dar, die gerne dort eingesetzt werden, wo die Beschäftigten keinen Computer am Arbeitsplatz haben, z.B. in großen Teilen der Produktion. Es handelt sich dabei um Geräte mit integriertem Drucker, meist per Touch Screen zu bedienen, ähnlich wie ein Kontoauszugsdrucker. Über die Ergonomie dieser Geräte sollte man sich vorher vergewissern. Ebenfalls sollte man darauf achten, wie man sich gegenüber dem System identifizieren muss, Am einfachsten geschieht dies mit Hilfe des Werksausweises. Dann sollte das System so konfiguriert sein, dass die Verarbeitung abbricht und der Bildschirm leer wird, sobald der Ausweis entfernt wird. Alle Caches des Kiosk-PCs sollten selbstverständlich auch gelöscht werden.


Bewährt hat sich das Verfahren, in einer Anlage alle über ESS und MSS zur Verfügung gestellten Einzelanwendungen („Services“) mit einer stichwortartigen Beschreibung und einer Benennung der personenbezogenen Daten aufzulisten. Diese Anlage kann auch Detailregelungen für den Fall der Verarbeitung besonders schutzwürdiger Date in MSS-Reports enthalten, z.B. dass in einer Abwesenheitsübersicht der Grund der Abwesenheit nicht oder nur nach festgelegten Kriterien (Urlaub, sonstige Abwesenheit) sichtbar ist.

 

3.3 Business Warehouse
 

SAP drängt seine Kundschaft dahin, Auswertungen nur über das Business Warehouse zu machen. Das ist eine zweite Datenbank, in der die aus dem operativen System ausgewählten Daten stichtagbezogen zur Verfügung gestellt werden.

Man sollte vereinbaren, dass die wenigen namentlichen Listen, die noch benötigt werden, direkt aus dem operativen HR-System (neu: HCM-System) kommen. Dann kann man bei den Daten im Business Warehouse den direkten Personenbezug vermeiden. Wichtig ist es, die Grundsätze für die Architektur des Business Warehouse rechtzeitig festzulegen und nicht zu warten, bis die siebenstelligen Summen für die Einrichtung ausgegeben sind. Solche Grundsätze könnten sein:

  • Keine Personenidentifizierung: Kein Datenwürfel enthält ein die Person direkt identifizierendes Merkmal. Auswertungen mit namentlichen Informationen werden im operativen Personalsystem SAP-HCM, nicht über das Business Warehouse erstellt.

  • Kleinste Zeiteinheit: Die kleinste in einer Auswertung verwendete Zeiteinheit ist der Monat, d.h. Informationen werden nur auf der Basis monatlich zusammengefasster Ergebnisse dargestellt. Ausnahmen wären dann gesondert zu regeln.

  • Festlegung des Verwendungszwecks: Für jeden Datenwürfel ist der Verwendungszweck in einer Anlage zur Betriebsvereinbarung vereinbart. Die Zahl der Datenfelder wird überschaubar gehalten. Es werden nur Daten gemäß der konkreten Zweckbestimmung des Datenwürfels verwendet.

  • Kleine Datenwürfel: Besser ist es, viele kleine Datenwürfel zu haben statt wenige große. Man muss sich klar machen, dass jedes Datenfeld eines Datenwürfels mit jedem anderen darin enthaltenen Datenfeld kombiniert werden kann. Je mehr Datenfelder ein solcher Datenwürfel enthält, desto vielf#ltiger und unübersehbarer werden die Auswertungsmöglichkeiten.

  • Kleinste Organisationseinheit: Die Drill-Down-Funktion wird nicht für die Ebene einzelner Mitarbeiter/innen angeboten. Es gilt der Grundsatz, dass die kleinste darstellbare Einheit mindestens fünf Personen umfasst. (Unter Drill down versteht man das Auflösen zusammengefasster Informationen in feinere Einheiten. Betriebe kann man z.B. nach Abteilungen auflösen, Abteilungen nach Kostenstellen und Kostenstellen nach einzelnen Arbeitsplätzen oder Personen, wenn dies erlaubt ist.)

  • Verknüpfungsverbot: Die Datenwürfel werden untereinander nicht verknüpft. (Es wäre nutzlose Mühe, wenn man aus getrennten kleinen Datenwürfeln durch Verknüpfung wieder Siper-Cubes machen dürfte.)

  • Vereinbarungsgebot: Auswertungen mit Zugriff auf im Sinne der Vereinbarung besonders schutzwürdige Daten müssen im Einzelnen vereinbart werden und sind ebenfalls in einer eigenen Anlage dokumentiert.
3.4 Ticketsystem
 

Das SPOC-Verfahren sieht vor, dass jeder "Medienkanal" (Call, Mail, Fax, Brief) zwangsweise dokumentiert wird. Dazu öffnet das System auf dem Bildschirm ein Ticket, in das eingetragen werden muss, um welches Problem es sich handelt. Dieses Ticket wird geschlossen, wenn das Problem gelöst ist. Was die Tickets im System treiben, kann auf vielfältige Weise ausgewertet werden: wieviele überhaupt, wie viele zu welchem Thema, wie lange hat es bis zur Lösung gedauert, und wer hat das alles gemacht.

Meist wird die solcherart umstrukturierte Personalabteilung in ein Front Office und ein Back Office aufgeteilt. Eine Regelung könnte wie folgt lauten:

Der Kontakt der Mitarbeitenden sowie der Führungskräfte zum Bereich Personal kann über die fünf Medienkanäle

  • Information über die Intranetseiten ... des Unternehmens,
  • Telefonanruf,
  • Mail,
  • Fax/Schreiben und
  • Persönlicher Besuch

erfolgen. Für die Medienkanäle interaktive Intranet-Nutzung, Telefonanruf, Mail und Fax wird einFront Office eingerichtet. Es wird angestrebt, dass so viele Anfragen wie möglich durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Front Office sofort beantwortet werden können. Nicht direkt beantwortbare Anfragen werden vom Back Office bearbeitet, das nach wie vor auch für persönliche Besuche zur Verfügung steht. Zwischen Front Office und Back Office wird für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bereichs Personal ein Rotationsprinzip angewendet, dessen Modalitäten im ersten Jahr des Systemeinsatzes erprobt und dann vereinbart werden (Hierbei ist zu entscheiden, ob die Aufteilung der Arbeitszeit zwischen Front Office und Back Office in festen Zeitkontingenten über längere Zeiträume, untertägig oder nach freiem Ermessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgen soll).


Die über das Front End abgewickelten Aktivitäten werden mit Hilfe eines Elektronischen Ticket-Systems dokumentiert. Zu diesem Zweck wird die Telefonanlage so konfiguriert, dass neue Anrufe erst dann wieder zugeteilt werden, wenn die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter den aktuellen Bearbeitungsfall für beendet erklärt hat. Während der Nachbearbeitungsphase werden keine neuen Gespräche durch die Anlage vermittelt.

Auf die softwaretechnische Gestaltung der Dokumentationsfunktionen wird hohe Aufmerksamkeit verwendet. Es muss mit einfachen Aktionen am Bildschirm möglich sein, die Art der gegebenen Auskünfte bzw. bearbeiteten Anliegen der Mitarbeitenden oder Führungskräfte zu dokumentieren.


Ferner haben die im Front Office tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, sich selbst an der ACD-Anlage an- und abzumelden, sich auf Pause ein- und auszubuchen oder Aufgaben außerhalb der telefonischen Bearbeitung zu übernehmen. Sie haben ebenso die Möglichkeit, sich direkt als Privatpersonen anrufen zu lassen; dies ist auf einen engeren Personenkreis (Familienangehörige) beschränkt. Sie können unternehmensintern über eine Kopfnummer sowie über ihren persönlichen Mailaccount erreicht werden. Ferner haben sie die Möglichkeit, Nebenstellengespräche zu führen.


Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Back Office-Bereichs gilt ein Pull-Prinzip: die zu bearbeitenden Vorgänge (2nd Level Anrufe, Mails oder Faxe) befinden sich in elektronischen Arbeitskörben (Eventuell sind an dieser Stelle weitere Regelungen erforderlich – Dazu muss bekannt sein, wie die Bearbeitung geplant ist). Durch diese Regelung wird verhindert, dass Mails, Faxe und sonstige digital vorliegenden Dokumente genau so im System behandelt werden wie Telefonanrufe und nach dem Push-Prinzip den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zwangsweise und zeitgebunden zugeteilt werden.

 

3.5 Elektronische Personalakte
 

Hier handelt es sich um ein Archivsystem, in dem mit Hilfe einer verabredetenOrdnungssystematik die eingescannten Dokumente zugänglich sind. Neu an diesem Tatbestand ist das Absenken der Zugriffsbarriere. Im Prinzip kann man an jedem Ort, an dem ein vernetzter Rechner steht, auf die Inhalte der Personalakte zugreifen. Deshalb ist genau festzulegen, wer was tun darf. Eine Regelung könnte wie folgt aussehen:

Der Inhalt der Digitalen Personalakte ist nach vereinbarten Kategorien (Verzeichnis/Unterordner/Dokumentenart) geordnet. Im Rahmen dieser Kategorien werden die Dokumente mit der Angabe eines Datums abgelegt.

Die über im System verwaltete Dokumente erstellten Auswertungen beschränken sich auf statistische Angaben über die mengenmäßige Entwicklung des Archivs und enthalten keine personenbezogene Informationen. Es werden keine weiteren Auswertungen über Inhalt oder Art der im Personalaktensystem gespeicherten Dokumente erstellt. Die zuständigen Betriebsräte erhalten die ihren Vertretungsbereich betreffenden Auswertungen ebenfalls.

Auf die elektronische Akte einer Person kann nur über die Personalnummer oder den Namen zugegriffen werden. Einzelpersonenübergreifende Sortier- oder Selektionsmöglichkeiten sind ausgeschlossen. Innerhalb der elektronischen Akte einer Person kann außer über die Dokumentenart auf ein Dokument nur über das Datum des Dokuments zugegriffen werden. Weitere Suchmöglichkeiten werden nicht zur Verfügung gestellt.

Oft wird versucht, den Linienvorgesetzten einen direkten Zugriff auf die Personalakte zu gewähren. Ein Unternehmen, das sich seine Personalabteilung erhalten will, sollte die Zugriffsrechte nur an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Personalbereichs vergeben. Auszunehmen wären lediglich temporäre Berechtigungen im Rahmen rechtlich vorgeschriebener Verfahren (z.B. Steuerprüfung, Wirtschaftsprüfung).

Soll im Rahmen eines innerbetrieblichen Stellenausschreibungsverfahrens Führungskräften ein Zugriff auf das elektronische Personalarchiv eingeräumt werden, so könnte man wie folgt verfahren:

  • Der Personalbereich stellt die im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren relevanten Dokumente in ein temporäres Unterverzeichnis.

  • Die mit dem Vorgang befassten Führungskräfte erhalten einen temporären Zugriff nur auf das speziell für das Bewerbungsverfahren erstellte Unterverzeichnis.

  • Die Dauer dieser Berechtigung wird auf maximal zwei Wochen begrenzt und nach Ablauf dieser Frist automatisch gelöscht. Eine Verlängerung dieser Frist muss erneut beantragt werden.

  • Die berechtigten Personen werden verpflichtet, keine Kopien der ihnen zugänglichen Dokumente anzufertigen.


Alle Berechtigungen und Berechtigungsänderungen werden elektronisch protokolliert. Damit ist nachprüfbar, wer wann auf die Daten zugegriffen hat.

Abmahnungen und dazu gehörende Gegendarstellungen werden spätestens nach zwei Jahren automatisch gelöscht. Das Löschen von Dokumenten erfolgt in der Form, dass in der Datenbank der Hinweis auf das Dokument vollständig gelöscht wird, so dass es nicht mehr auffindbar ist (Leider werden in den meisten Systemen die Dokumente nicht physikalisch gelöscht. Aus Gründen der Revisionssicherheit werden für Archivsysteme meist Speichermedien verwendet, die nur einmal beschreibbar sind). Das Lesen der Speichermedien mit anderen Softwarewerkzeugen als dem über das SAP-System organisierten Zugang ist unzulässig.


Auskunft aus der Personalakte an Dritte wird nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erteilt

 

4. Das eigentliche HCM-System
 

Hier verweisen wir auf bewährte Regelungen, die schon früher beim System HR angewendet wurden: Festlegen der besonders schutzwürdigen Daten (z.B. Arbeitszeit insbesondere Fehlzeiten, Details der Qualifikation, Zielerreichungs- und Beurteilungsdaten, gesundheitsbezogene Daten usw.) und der Auswertungen mit Zugriff auf soche Daten, Festlegung der Zugriffsrechte und der Schnittstellen zu anderen Systemen.

Besondere Regelungen sind zu treffen, wenn die Anwendung ein Zielvereinbarungs- und oder ein Skill- oder Qualifikationsmanagement umfasst. Im folgenden Beispiel wird die Speicherung von Zielerreichungsgraden ausgeschlossen.

Das Zielmanagement dient dem Ziel, die Unternehmensziele und die Fähigkeiten sowie Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal miteinander zu verbinden. Um das dazu erforderliche besondere Vertrauensverhältnis zu gewährleisten, wird auf eine elektronische Erfassung der Ziele und der Zielerreichung verzichtet. Die entsprechenden Unterlagen bleiben ausschließlich bei den betroffenen Personen. Die IT-Unterstützung bleibt auf eine Terminüberwachung der vorgesehenen Gespräche sowie die Erfassung der entgeltrelevanten Ergebnisse begrenzt.

Wenn dies nicht gelingt, so sollte man seitens des Betriebsrats wegen der Komplexität des Themas auf einer eigenen Betriebsvereinbarung bestehen (Beispiel Zielmanagement und Skillmanagement).

5. Verfahrensregelungen
 

Wenn keine Rahmen-Betriebsvereinbarung vorliegt, dann muss an dieser Stelle geregelt werden, wie mit Änderungen und Erweiterungen umgegangen werden soll. Bewährt hat sich ein jährlich oder auf Antrag einer Seite durchzuführender Workshop, bei dem das Unternehmen den Betriebsräten die Strategie der kommenden Jahre und die konkreten Projekte des nächsten Jahres darstellt. Dabei kann man sich dann bereits eine Meinung bilden, ob ergänzende Regelungen erforderlich sind. Hier ein Regelungsvorschlag:

Workshop: Mindestens einmal jährlich und zusätzlich auf Antrag einer Seite findet eine Information über die Projekte des kommenden Jahres und einer rückblickenden Bewertung des abgelaufenen Jahres statt. Dabei werden die IuK-Strategie des Unternehmens erörtert und die Handlungsschwerpunkte für die kommende Zeitspanne festgelegt.
Das Unternehmen informiert den Betriebsrat über geplante neue Systeme sowie über wesentliche funktionale und die Anwender betreffende Systemänderungen rechtzeitig vor deren Einführung. Es findet eine gemeinsame Bewertung der Frage statt, ob bei dem neuen System die Regeln dieser Vereinbarung eingehalten sind. Ist dies nach Auffassung einer Seite nicht der Fall, so wird mit dem Ziel einer einvernehmlichen Einigung verhandelt.


Initiativrecht: Macht der Betriebsrat geltend, dass sich bei einem bereits in Betrieb befindlichen Systemteil neue Probleme für den Schutz der Persönlichkeitsrechte ergeben oder sich die Nutzung des Systems durch zwischenzeitliche Änderungen nicht mehr im Rahmen der Regelungen dieser Vereinbarung bewegt, so hat er das Recht, eine diese Vereinbarung ergänzende Regelung zu verlangen. Hierüber ist ebenfalls mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung zu verhandeln.


Konfliktklausel: In allen Fällen, in denen diese Vereinbarung die Zustimmung des Betriebsrats bzw. das Einvernehmen beider Seiten vorsieht, entscheidet bei Nichteinigung eine gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.

6. Schlussbestimmungen
 

Hier ist ein geeigneter Ort für die bewährte Beweisverwertungsverbotsklausel: Sollten Daten, die Leistung und/oder Verhalten von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern beschreiben, unter Verstoß gegen diese Betriebsvereinbarung erhoben oder verarbeitet werden, so sind die entsprechenden Auswertungen als Beweismittel zur Begründung personeller Einzelmaßnahmen nicht zulässig.

Ansonsten sind Inkrafttreten, Kündigungsfrist, frühester Kündigungstermin und Nachwirkung zu regeln.

   

Natürlich kann man eine ganze Menge weiterer Details regeln, z.B. die Qualifizierung der (verbleibenden) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Personalbereichs. Wenn klar ist, dass es zu Versetzungen und Personalabbau kommt, dann lassen sich Regelungen geäß §§ 111/112 BetrVG in das anzustrebende Vertragswerk integrieren.