Kennzahlengestützte Steuerung im Call Center

nach Kersten Schrick, Leiterin Call Center Advance Bank, in: Cll Center - Erfolgsstrategien für serviceorientiertes Call Center Management (München - Düsseldorf 1999, herausgegeben von Anna Dollinger und Kersten Schrick)


"Wir messen alles" - dieses Motto gilt für viele Call Center. Und genau diese Controlling-Variante ist der besagte Blick in den Rückspiegel, den sich kein Cll Center Management heute mehr leisten kann und darf. Controller als Zahlenknechte, deren Hauptaufgaben sich aus dem Rechnungswesen ableiten, sind Auslaufmodelle und gehören der Vergangenheit an.

Heute schaffen Kundenzufriedenheit, Mitarbeitermotivation und Innovationsstärke die Wettbewerbsvorteile, die im Kennzahlen-Rückspiegel leider weitgehend unberücksichtigt bleiben. Controlling muss neue Zielgrössen steuerbar machen.

Kennzahlen müssen auf ihre Handlungsauslösung hin überprüft werden.

    "Wenn wir auf die Waage steigen, wissen wir allein durch die angezeigte Zahl, was zu tun ist. Jede Kennzahl im Call Center, die diese Funktion nicht erfüllt, sollte eliminiert werden. Ansonsten verliert das Management den Blick und die Handlungsfähigkeit für zukunftsweisende Entscheidungen".

Ein Call Center lebt von der Erreichbarkeit. Damit stehen Gesprächs- und Nachbearbeitungszeit, Handled Calls und Servicelevel im Vordergrund. Grundsätzlich jedoch sollten nur Kennzahlen vereinbart werden, für die auch ein Ziel definiert wurde. Drei Auftrags-Ebenen, die im Call Center zu beobachten und zu steuern sind:

Prozentzahl der in 30 Sekunden angenommenen Calls
bei 22 verfügbaren Agents 91 %
bei 21 verfügbaren Agents 85 %
bei 20 verfügbaren Agents 76 %
bei 19 verfügbaren Agents 62 %
Quelle: Schrick a.a.O. S. 307
Produktivität
: Einsatz der Netto-Gesprächszeit für den Kundenkontakt (Auslastung des CC).
Angenommene Calls pro Stunde ist eine problematische Kennzahl. Die Gesprächsqualität kann darunter leiden. Die Agents können die ACD-Anlage austricksen. Viele Varianten, die die Kennzahl beeinflussen, liegen ausserhalb des Einflussbereichs der Agents (Die Mitarbeiter können nicht beeinflussen, wieviele Calls hereinkommen, welchen Gesprächstyp sie bekommen und wie die Gesprächsbereitschaft der Anrufer ist). Besser ist die Auslastung als Kennzahl, gemessen als Zeit, die ein Mitarbeiter während seiner Nettoarbeitszeit damit verbringt, Calls entgegenzunehmen und nachzubearbeiten. Sie sollte auch die Wartezeit umfassen. Jeder Mitarbeiter sollte wissen, welchen Einfluss er mit seinem Verhalten auf die Warteschlange hat.

Auslastung =
Produktivzeit
Netto-Arbeitszeit
Brutto-Arbeitszeit
Netto-Arbeitszeit
Urlaub
Krankheit
Pausen
Fortbildung
Produktivzeit
Anrufwartezeit
Rüstzeit
Gesprächszeit
Nachbearbeitungszeit
Auslastung lässt sich definieren als Produktivzeit dividiert durch Netto-Arbeitszeit. Die Netto-Arbeitszeit berechnet sich aus der Brutto-Arbeitszeit durch Abzüge von Urlaubs- und Krankheitstagen, Fortbildung und den gesetzlichen Pausen. Die Produktivzeit umfasst die Gesprächszeit Inbound und Outbound, die Nachbearbeitungszeit, die Anruf-Wartezeit und die Rüstzeiten (An-/Abmeldezeiten, Rückfragen, Coaching, Systemstörungen, Lesen interner Informationen.
Durchschnittliche Auslastung deutscher Call Center: 67.25 %

Das handelsübliche Reporting bringt in der Regel nicht viel. Analysen über mangelnde Erreichbarkeit und zu hohe Gesprächszeiten helfen nur beim Verteilen des Schwarzen peter. Sinnvoller sind Telefonie-kennzahlen im Echtzeit-Modus, die ein steuerndes Eingreifen ermöglichen. Ideal wäre es, wenn jeder Mitarbeiter jederzeit wissen könnte, wo sein Team steht.

Verkaufsauftrag: Hat das Call-Volumen auch Sales-Effekte?
Denkbare Messgrössen sind
  • Kundengewinnungsquoten über alle Produkte/Dienstleistungen (Inbound, Outbound)
  • Kundenrückgewinnung
  • abgesetzte Produkte pro Mitarbeiter/Team
  • Kontakthäufigkeit bis zum Abschluss

Zufriedenheit: Bringen die angenommenen Anrufe dem Kunden auch Mehrwert?
Beispiele: Kundenzufriedenheit (auch im Branchenvergleich, ermittelt durch Befragungen), Wiederverkaufsbereitschaft, Weiterempfehlungsbereitschaft, Member-gets-Member-Quote, Kundenfluktuation, Cross-Selling-Quote.