Eigentlich hatte ich an diesem Tage eine ganz einfache und schnell zu erledigende Aufgabe vor mir. Ich sollte lediglich eine Region abtelefonieren, um etwas Bestimmtes abzufragen. Dies hatte ich mir aber leichter und schneller vorgestellt als es in Wirklichkeit war.
ich wähle die Nummer samt Durchwahl für das Betriebsratszimmer, keiner geht ran.
Nun springt mein Anruf über auf den Call Center, nett werde ich gefragt, wen ich denn bitte sprechen möchte. Brav antworte ich, dass ich eigentlich das Betriebsrats-Büro erreichen wollte, dies aber nicht besetzt sei. Ich teile der netten Stimme mit, dass ich sogar die Namen der Ansprechpersonen wüsste, doch leider konnte sie aber nichts mit den Namen anfangen. Ich müsste ihr den Abteilungsbereich nennen, doch den kannte ich nun leider nicht. Also verbindet sie mich mit dem Filialbüro. Da dort die Leitungen aber leider alle besetzt sind, lande ich wieder im Call Center mit der Info, dass ich auf eine Rückrufliste kommen könnte und man mich dann zurückrufen würde. Ich verneine dies und versuche mein Glück alleine. Die Kollegin im Filialbüro klingt schon etwas gestresst (was man verstehen kann, da ich etwa 15 Minuten gebraucht habe, um zu ihr durchzukommen). Ich äußere meine Bitte, mich doch mit einem der örtlichen Betriebsratsmitglieder zu verbinden. Ich hänge wieder in einer Warteschleife, und die Musik ist auch nicht die Beste. Endlich höre ich wieder eine Stimme am anderen Ende. Ich möchte gerade nachfragen, ob ich denn jetzt mit einem Betriebsratsmitglied dieser Filiale verbunden bin, da fällt mir die Stimme ins Wort und fragt mich äußerst höflich, mit wem sie mich denn verbinden solle. Ich war wieder im Call Center gelandet. Mittlerweile sind weitere zehn Minuten vergangen, und ich hatte immer noch keinen Erfolg. Nun gut, ich versuche es eben später und konzentriere mich auf die nächste Filiale.
Diesmal versuche ich es gleich über das Call Center, da ich ja eh wieder dort lande, egal welche Nummer ich wähle. Die nette Stimme fragt nach meinem Wunsch, und ich erkläre geduldig, dass ich den Betriebsrat der Filiale ...... sprechen möchte. Ich werde verbunden. Es ist ein Freizeichen zu hören. Es klingelt lange. Ich warte geduldig. Nach einer Weile lande ich wieder im Call Center, und das Übliche: ich werde gefragt wenn ich sprechen wolle. Ich erwidere, dass unter der angegebenen Telefonnummer keiner zu erreichen ist und erbete die Durchwahl. Ich werde es später noch einmal versuchen.
So nun bin ich ja schon etwas geübter. Also versuche erst die direkte Durchwahl, aber bei der momentanen Personalbesetzung wäre es ein Wunder, wenn ich gleich den Betriebsrat an der Strippe hätte. Wie geahnt, der Versuch scheitert. Also wieder über das Call Center. Wieder die nette Stimme, und wieder kein Durchkommen zum Kolleg/in. Auch dieses Mal wird mir der Hinweis gegeben, es doch einfach über das Filialbüro zu versuchen, man stelle mich selbstverständlich gleich durch. Mir schießt sofort durch den Kopf, hoffentlich ist die Kollegin dem Betriebsrat gut gesinnt, sonst verflucht sie mich, und dies auch noch zu Recht. Aber ich habe Glück, die Kollegin ist nett, ich musste auch nur fünf Minuten warten und bin schon richtig optimistisch, es dieses Mal bis zum Betriebsrat zu schaffen. Sie sucht mir geduldig die Abteilungsdurchwahl des Betriebsratskollegen raus, nicht ohne dabei noch einen verärgerten Kunden zu beschwichtigen, der sich lauthals aufregt, dass die Kollegin ja nur am Telefonieren wäre und sie ihren Job ja wohl noch nicht beherrscht. Ich hoffe nur, die Kollegin beherrscht sich bei dem Kunden, denn ich weiß nicht, ob ich dies nach dieser lautstarken Beleidigung und Beschimpfung getan hätte. Trotzdem gibt sie mir freundlich die Durchwahl und sagt mir gleichzeitig, dass sie den Kollegen von ihrem Bereich sehen kann und dieser allein an der Kasse stünde und sie mir nicht versprechen könne, ob er das Telefon abnehmen kann. Ich lasse es auf einen Versuch ankommen. Leider keinen Erfolg. Stattdessen wieder eine nette Stimme, die mich fragt, bla bla bla. Ich bin wieder im Call Center gelandet. Ob ich es noch mal bei der netten Kollegin im Filialbüro versuche? Ob der wütende Kunde schon weg ist? Ich lasse es und verschiebe es auf später. Dieser Versuch hätte ja immerhin schon nach 25 Minuten geklappt, wenn der Kollege nicht allein an der Kasse gestanden hätte. Na ja, ich habe nun ja schon mal seine Abteilungsdurchwahl, und er kommt bei mir auf die Liste: Größte Chance Betriebsrat ..... heute noch zu erreichen. Mist, ich hätte mir vielleicht seine Pausenzeiten durchgeben lassen sollen.
Nun wird es spannend. Jetzt versuche ich ein Sporthaus zu erreichen. Die haben kein Filialbüro, mal sehen, was mir das Call Center nun alternativ vorschlägt. Also ich wähle die Filialnummer, habe natürlich wieder eine nette Stimme dran, die mich fragt bla bla bla ... und ich wiederum freundlich nach dem Betriebsrat im Sporthaus ...... frage. Stille, dann die Auskunft: keine Durchwahl angegeben. Die Stimme schlägt mir vor, über das, wer hätte es gedacht, Filialbüro zu gehen, bis ihr auffällt, dass es dort leider kein Filialbüro gibt. Nach einigem Hin und Her bitte ich, mich einfach mit irgendeinem Bereich zu verbinden. Die Stimme sagt mir, sie würde die einzelnen Bereiche nicht so kennen und sie müsste schon konkreter wissen, mit welchem Bereich ich verbunden werden möchte. Ansonsten hätte sie noch eine andere Filiale in dieser Stadt im Verzeichnis, und vielleicht möchte ich es ja über das Filialbüro dieser Filiale probieren. So, auch das wird mir jetzt zu kompliziert, und ich vermerke auf meiner Liste: Sehr geringe Chance, den Betriebsrat .... heute noch zu erreichen. Aber ich werde schon schneller, dieses Mal nur neun Minuten. In der Zwischenzeit sind aber leider bei mir auf dem Apparat ca. acht Anrufe aufgelaufen. Hoffentlich nichts Wichtiges.
Heute ist wohl nicht mein Glückstag, habe versucht, den Betriebsräten, die
auf der Liste „unmöglich zu erreichen“ stehen, eine Mail zu schicken. Bis jetzt
noch keine Lesebestätigung, ist ja auch kein Wunder, wenn sie ihre Mails lesen
würden, setzte dies voraus, dass sie sich im Büro aufhielten.
Mir kommt der Gedanke „ich gebe auf - das Call Center hat gewonnen“, doch es
ist zu wichtig. Also mache ich weiter, in der Hoffnung, wenigstens beim nächsten
Versuch endlich mal einen Erfolg zu verbuchen.
So, dieses Mal habe ich tatsächlich Glück. Dies ist allerdings nicht der Verdienst
des Call Centers, sondern dieses Betriebsratsmitglied hatte ich vor einiger
Zeit schon mal ewig versucht zu erreichen und habe mir sofort seine Handynummer
notiert. Dies kommt mir jetzt zu Gute. Allerdings möchte ich nicht verheimlichen,
dass ich ihn an seinem freien Tag und dann auch noch auf dem Stuhl beim Zahnarzt
erreicht habe. Na ja, man muss Opfer bringen können.
Damit die Sache mit dem Call Center für mich nicht ganz so uninteressant wird, habe ich mir eine neue Taktik ausgedacht. Also ich wähle die Nummer, nette Stimme bla bla bla. Ich äußere meinen Wunsch. Dasselbe Spielchen, keiner im Büro und nun der Hinweis der sich wieder meldenden Stimme: Versuchen Sie es doch über das Filialbüro, dieses Mal verneine ich und bitte um die Durchwahl der Geschäftsführung. Nachdem sie mich mit dieser verbindet, meldet sich der Geschäftsführer der Filiale. Ich sage ihm, mit wem ich sprechen möchte. Er antwortet mir etwas irritiert, ich bin doch nicht die Telefonzentrale, ich verbinde sie mit unserem Filialbüro, die werden Ihnen sicherlich weiterhelfen. So, das hätte ich auch allein hinbekommen. Also ich hänge wieder mal in einer Warteschleife. Wie doch die Zeit vergeht ... oh eine Stimme, und ich brauche keine Sekunde zu überlegen, wo diese Stimme hingehört, nämlich zu einer Mitarbeiterin des Call Centers. Diese sagt mir den altbekannten Text, dass die Leitungen momentan alle besetzt seien und ob sie mich zurück rufen sollen. Ich verneine dies. Es ist ja wie verhext, bis ich auch nur die Hälfte von den Personen erreicht habe, ist die Sache schon längst hinfällig.
Also eigentlich habe ich jede Menge auf meinem Schreibtisch liegen und heute
noch nichts davon erledigt. Außerdem kenne ich schon bald jeden Zweiten aus
dem Call Center persönlich. Nun gut, nicht verzagen, unsere Kunden müssen da
schließlich auch durch und wehe dem, die wie ich nicht die richtige Abteilungsbezeichnung
parat haben. Das kann man ja von guten alten Kunden erwarten, dass sie sich
vorher genau erkundigen, wen sie wann und vor allem wo erreichen möchten. Hut
ab, ich hoffe, die haben eine längere Ausdauer, ich bin schon völlig genervt.
So nun weiter. Also der Anfang ist fast immer gleich: Nette Stimme bla bla
bla und Durchwahl zum Betriebsrat und warten. Ich lese nebenbei schon mal ein
paar Mails, in der Hoffnung, da schon mal weiter zu kommen. Aber was ist das?
Betriebsrat ....... ich bin im ersten Moment sprachlos, und beinahe hätte der
Kollege schon aufgelegt, da ihm am anderen Ende keiner antwortete. Ich frage
hektisch nach, ob ich auch wirklich den Betriebsrat der Filiale ... an der
Strippe habe, überglücklich. Dem Betriebsrat erkläre ich kurz, was ich von
ihm benötige, und man glaubt es kaum, in nur vier Minuten war das Thema durch.
Wie einfach kann Telefonieren doch sein.
So jetzt ist es schon um die Mittagszeit, und die Chance, in den Pausen jemanden
zu erreichen, ist noch unwahrscheinlicher. Also lege ich die Telefonliste erstmal
zur Seite. Immerhin hänge ich jetzt schon über drei Stunden an diesem Kram.
Ohne aber noch mal kurz zu überlegen, ob ein Aufruf in den jeweiligen Radiosendern
der jeweiligen Städte nicht für das Unternehmen günstiger käme. Vielleicht
hört ja jemand in der jeweiligen Filiale den Aufruf und hilft mir.
Ich beantworte jetzt erst mal die Anrufe, die mich nicht erreicht haben, da
ich niemanden erreicht habe. Toll - die stille Post hat schon funktioniert.
Habe dem einzig bisher erreichten Betriebsratskollegen mitteilen können, ob
er in der Filiale ..... irgendjemanden kennt, der dem Betriebsrat Bescheid
sagen könnte, dass er sich mal bei mir meldet. Der Betriebsratskollege hat
ihm eine SMS geschickt. Wer müsste die jetzt eigentlich bezahlen? Erst mal
egal, nun schon die zweite Filiale erreicht. Das Ergebnis kann sich doch schon
sehen lassen. Da die Zeit immer knapper wird, weite ich jetzt den Kreis der
damit zu beschäftigten Personen aus. Wir haben ja noch ein Büro in Kassel und
eines in Stuttgart. Also verteile ich die Filialen auf drei Büros. Den Rest
des Nachmittags sind wir zu dritt weitere zwei Stunden beschäftigt, zumindest
den Großteil zu erreichen. Nach Mitteilung aus den anderen Büros waren die
Erfahrungen ähnlich, ohne dass ich Details von den Kolleginnen hören wollte.
Denn ich hatte noch nichts anderes richtig abgearbeitet, und seit einer
halben Stunde habe ich eigentlich Feierabend.