WebFox heißt eine neue Software, die mit der Idee der Trennung von privater und dienstlicher Nutzung von Webseiten punkten will. Doch hier ist Aufmerksamkeit angesagt, denn viele mit dem Systemeinsatz verbundene Probleme tun sich erst auf dem zweiten Blick auf...
WebFox ist eine Reaktion auf das juristische Durcheinander, das sich um die Fragestellung rankt, wann die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz zulässig ist und vor allem, ob der Arbeitgeber durch eine Erlaubnis rechtlichen Beschränkungen unterliegt (zum Beispiel bei der Auswertungen der anfallenden Daten). In so manchem - streitbaren - rechtlichen Kommentar wird die Position vertreten, dass ein Arbeitgeber, der die private Nutzung erlaubt, als Provider anzusehen sei und damit besondere Datenschutzvorschriften zu beachten hätte. Unausgesprochen ist damit die Einschätzung verbunden, dass ein Verbot der privaten Nutzung die schrankenlose Protokollierung und Auswertung der Internetnutzung der Beschäftigten ermöglichen würde.
Dieser Argumentation bedient sich der Softwarehersteller von WebFox: Die Software stellt den Beschäftigten eine Schaltfläche zur Verfügung, mit der die Benutzer kennzeichnen sollen, ob sie jeweils privat oder dienstlich im Netz unterwegs sind. Die anfallenden Nutzungsprotokolle werden verschlüsselt. Das System kann dann so eingerichtet werden, dass eine Einblicknahme in „private“ Protokolle nur unter vier Augen (zum Beispiel Betriebsrat und Arbeitgeber) möglich ist. Für Protokolle der dienstlichen Nutzung bestehen indes keine oder nur geringe Einschränkungen bezüglich der Auswertbarkeit.
Problematische Leistungsmerkmale:
Die private Nutzung kann vom Arbeitgeber mit einem Zeitbudget versehen werden, z.B. auf 2 Stunden/Monat.
Kritik vorweg: Wir fragen uns, wie diese Zeiten gemessen werden sollen. Denn beim Abruf von Internetseiten werden keine Zeitspannen protokolliert, sondern nur Zeitstempel der jeweiligen Webseiten: Ob ein Beschäftigter die Seite nach dem Abbruch zwei Sekunden oder 15 Minuten lang liest, ist jedenfalls nicht ermittelbar. Cleverles überlisten das System, indem sie alle interessanten Webseiten in kurzer Zeit in jeweils neuen Fenstern aufrufen, dann auf dienstliche Nutzung zurückschalten und erst danach mit der Lektüre anfangen.
Optional kann auch eine Einschränkung der private Nutzung auf einen Zeitraum, z.B. mittags 12:15 Uhr bis 12:45 Uhr konfiguriert werden. Wer außerhalb der definierten Zeiträume das Internet benutzt, surft dienstlich und bekommt nach der Logik des Systems dann die volle Überwachungsbreitseite der Software zu spüren, siehe unten.
Webfox bietet die Möglichkeit einer Anbindung des Systems an das betriebliche Zeiterfassungssystem: Wer ehrlich ist und den Button klickt, muss zur Belohnung länger arbeiten. Ob dienstliche Mehrarbeit wohl auch sekundengenau abgerechnet wird? Nur wer Interesse hat, das Betriebsklima nachhaltig zu stören, wird auf die Verkoppelung setzen. Sie wäre in etwa vergleichbar mit einer Pflicht der Beschäftigten, sich vor dem Kollegengespräch am Kopierer oder während des Kaffeekochens per Handy am Zeiterfassungssystem abzumelden.
Weiterhin problematisch: Über die dienstlichen Nutzungsdaten werden regelmäßig Stichproben gezogen. Das System stellt hierfür - Zitat - „komfortable Auswertungsmöglichkeiten für die in der Stichprobe enthaltenen Mitarbeiter bereit“. - So einfach geht das nicht! Denn auch bei der dienstlichen Nutzung ist eine Pauschalüberwachung des Netzverhaltens unzulässig.
Wie positioniert man sich als Arbeitnehmervertretung zur Software?
Wir meinen, dass der Softwareeinsatz mehr Unheil stiftet, als dass er für Klarheit der Internetnutzung im Unternehmen sorgt:
Ein Konzept, das wie Webfox auf Stichproben setzt, die dann mit Rasterfahndungsmethoden ausgewertet werden, kann bei Betriebsräten eigentlich nur auf Ablehnung stoßen.
Dirk Hammann,
tse GmbH