Qualitative Kriterien bei Methoden der Personalentwicklung

Tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte
   Darf die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen so weitgehend zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses gemacht werden wie z.B. bei den Kriterien Initiative und Teamarbeit? Fragt man, wofür Arbeitnehmer bezahlt werden, so sollte die Antwort ja schließlich nicht lauten: für den Verkauf ihrer kompletten Persönlichkeit oder gar ihrer Seele. Es entsteht der Eindruck, dass Mitarbeiter "nach Maß", und zwar nach sehr hochgestecktem Maß entwickelt werden sollen.
 
Grenzen der Entwickelbarkeit
   Erwachsene Menschen verfügen in der Regel über einen ziemlich festen Rahmen ihrer Art der Wahrnehmung, ihrer Einsichten, Erfahrungen und ihrer Interessen und ändern sich - wenn überhaupt - nur langsam und nur wenig. Insbesondere können sie äußerst renitent sein, wenn man sie von außen zwingen will, sich zu ändern. Beziehungen im realen Leben - wie auch in der Arbeitswelt - bestehen zwischen Menschen bestehen, wie sie sind, nicht wie sie sein sollten oder wie jemand sie gerne hätte. Das Management kann nur das einsetzen, was Menschen in ein Unternehmen mitbringen. Man kann sich die Leute nicht "schnitzen". Dieser Tatbestand schließt Entwicklung nicht aus, aber "Personalentwicklung" wird nur dann Erfolg haben, wenn sie auf selbstgewähltes Lernen aufsetzt bzw. dieses ermöglicht. Man kann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in einem ihre gesamte Persönlichkeit umfassenden Maße gemäß einem Idealbild (dem "exzellenten" Profil) "entwickeln". Dies ist eine Illusion.
 
Subjektive Urteile
   Was in dem persönlichen Mitarbeitergespräch abverlangt wird, sind Urteile über Menschen, größten Teils Werturteile, subjektive Meinungen also, die sich in dem konkreten Zusammentreffen zweier Personen bilden. Der Vorwurf heißt hier nicht, dass Objektivität verfehlt würde. Denn Objektivität kann es an dieser Stelle nicht geben; wer hier nach Objektivität trachtet, hat nicht begriffen, dass es um eine Bewertung von Erfahrungen geht, nämlich wie zwei Menschen sich in einer konkreten Arbeitssituation erleben, eventuell verzerrt durch die besonderen Rahmenbedingungen des Mitarbeitergesprächs. Wie eine Person eine andere erlebt, hängt von beiden Personen, der Umgebung und sicher vielem mehr ab. Was die eine Führungskraft als hohe Lernfähigkeit, emotionale Ausgeglichenheit usw. bewertet, kann eine andere Person ganz anders erlebt haben und folglich auch ganz anders bewerten. Menschen sind verschieden und erleben sich auch verschieden.
 
Appell an die Wertekultur
   Der Werteorientierung wird auf den Zahn gefühlt mit Hilfe des Items "Vertritt die firmen-und produktspezifischen Standpunkte auch in kritischen Situationen und gegen Widerstände souverän unter Beachtung der Firmen-Werte". Wetten dass, wenn man drei Führungskräfte nach der gültigen Wertekultur des Unternehmens fragt, man auch drei verschiedene Besinnungsaufsätze erhält, mit unterschiedlichen Themen, Schwerpunkten und Bewertungen. Gerade die Wertekultur beschreibt einen von Menschen erlebten Sinnzusammenhang. Noch hat es niemand geschafft, dass alle Menschen gleich ticken, gleich erleben, gleich fühlen und gleich denken.
 
Appell an die unternehmerische Kompetenz
   In zu vielen Items wird nach einer "Unternehmerischen Kompetenz" gefragt. Hat man je darüber nachgedacht hat, warum die Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter Beschäftigte im Außendienst sind und nicht als Selbständige in eigener Regie ein Unternehmen betreiben? Sollte man unternehmerische Kompetenz nicht eher von der Führung eines Unternehmens erwarten als von denen, die keinen oder nur geringen Einfluss auf die Ziele des Unternehmens nehmen können. Der Widerspruch zwischen den aufrüttelnden Sei-Unternehmer-Parolen und der strukturellen Unmöglichkeit unternehmerischen Handelns führt oft in die latente Schizophrenie. Um sich davor zu schützen, bleibt den Beschäftigten in vielen Fällen nur der Weg in Apathie und Gleichgültigkeit. Die Leute machen ihre Witze und finden Wege, das im Kern seiner Sache nicht überzeugende System zu untertunneln. Schlimm daran: Alle wissen dies. Was bleibt, ist die institutionalisierte Dauer-Selbstbelügung.
 
Zu viele Skill Level
   Die siebenstufige Bewertung verleitet mangels Objektivierbarkeit der Abstufung zu willkürlichen Entscheidungen oder zum bloßen Aushandeln gemäß dem Ziel allseitiger Zufriedenheit.