Gegenstand der nachfolgenden Vereinbarung ist ein System zur automatischen Erkennung und Weiterleitung von eingehenden eMails an die jeweils zuständigen Sachbearbeiter, z.B. anhand von Schlüsselworten in der eingehenden eMail. Eingehende Mail landet in diesem Fall nicht in einem allgemeinen Postkorb, aus dem heraus sich die Sachbearbeiter die Mails holen ("pull"-Prinzip, oft das bessere Verfahren), das System legt die Mails stattdessen direkt den Mitarbeitern in die persönliche Postkörbe ("push"-Prinzip). Um ein gerechtes Verteilungsverfahren zu etablieren, werden die betroffenen Mitarbeiter an der Planung der Routingregeln beteiligt, der Betriebsrat kann in strittigen Fällen ein Mitbestimmungsrecht geltend machen.
Das System verwaltet die Korrespondenz von Mitarbeiter und Kunden und sortiert erneute Antworten der Kunden bereits bestehenden Anfragen zu. Es signalisiert besonderen Handlungsbedarf, wenn Kunden-Mails zu lange unbeantwortet geblieben sind. Gefahren für eine Leistungs- und/oder Verhaltensüberwachung der Mitarbeiter wird in der Vereinbarung begegnet, indem Auswertungen, die nicht der unmittelbaren Steuerung des eMail-Verkehrs dienen, nicht zur Verfügung gestellt werden. Da der Einsatz der Technologie im Unternehmen Neuland bedeutet, vereinbaren beide Seiten zudem nach sechs Monaten eine gemeinsame Bewertung der Vereinbarung und gegebenenfalls eine Neuregelung oder Erweiterung der Bestimmungen.
Eingesetzt wird das System im Bereich Kundenbetreuung eines Verlagshauses.
§ 1 Gegenstand und Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung regelt die Einführung und den Einsatz des eMail-Managementsystems „novomind iMail“.
Sie gilt für alle Arbeitnehmer/-innen des Kundenservices der [Unternehmen], die mit dem System arbeiten. Alle in dieser Betriebsvereinbarung aufgeführten Anlagen sind Bestandteil dieser Vereinbarung.
§ 2 Zielsetzung
Mit Hilfe von iMail werden Kunden-eMails sortiert und für die Bearbeitung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit gestellt. Ziel dieser Betriebsvereinbarung ist es, die verbesserten, kundenorientierten Bearbeitungsmöglichkeiten und die Qualitätsverbesserung der Arbeit mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbinden.
§ 3 Dokumentation
In Anlage 1 ist das eingesetzte System mit der jeweils eingesetzen Versionsnummer benannt. Soweit zusätzliche Module eingesetzt werden, sind diese ebenfalls, mit einer stichwortartigen Beschreibung des Leistungsumfangs, in Anlage 1 aufgeführt. Anlage 2 enthält eine Anlistung der im System gespeicherten personenbezogenen Stammdaten.
§ 4 Organisation des Arbeitssystems
Die Ablauforganisation der Arbeit, insbesondere das damit verbundenen Mail-Routing, wird vor Einführung des Systems mit den betroffenen Beschäftigten ausführlich erörtert. Es gilt der Grundsatz, dass die zur Zeit bestehenden Arbeitsabläufe im System abgebildet werden. Arbeitsabläufe sollen dabei so gestaltet werden, dass sie den Beschäftigten ein möglichst selbstbestimmtes Arbeiten ermöglichen. In Anlage 3 sind die Routingregeln des Systems schematisch dargestellt.
Der Betriebsrat kann an den Veranstaltungen teilnehmen. Auf seinen Wunsch hin findet eine gesonderte Beratung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung statt. Dieses Verfahren gilt auch für wesentliche Änderungen der Ablauforganisation nach Einführung des Systems.
Soweit kurzzeitige Änderungen des Workflows und/oder der Zuordnung von Mitarbeitern zu den Bearbeitungsgruppen vorgenommen werden sollen, werden diese Maßnahmen jeweils betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abgesprochen.
Beide Seiten vereinbaren, dass bei der Systemeinstellung die folgende Prinzipien eingehalten werden:
- Die Mitarbeiter melden sich selbständig am System an und wieder ab. Soweit die „Pause-Taste“ genutzt wird, so werden vom System keine Pausengründe erfasst.
- Nur der jeweilige Agent hat Zugang zu den von ihm selbst verfassten eMails. Darüber hinaus erfolgt ohne dessen Einwilligung keine Einblicknahme in selbst verfasste eMails. Die Funktion „Qualitätskontrolle“, die eine stichprobenartige Weiterleitung von eMails der Agenten ermöglicht, wird nicht zur Verfügung gestellt.
- Eine Einblicknahme in die Postkörbe der Agenten erfolgt nur im vereinbarten Rahmen des Monitorings durch die dazu berechtigten Personen.
- Servicelevel
Als Servicelevel wird der Zeitraum vom Eingang einer Mail im System bis zur Beantwortung dieser Mail bezeichnet. (Stimmt das? Problematisch wäre es, wenn der Eingang im Postkorb des Mitarbeiters als Berechnungsgrundlage herangezogen würde.) Beide Parteien sind sich daher einig darüber, dass die Kennzahl „Servicelevel“ zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle ungeeignet sind.- Die Mitarbeiter werden über die auslösenden Bedingungen der Signalstufen der eMails informiert. Die Servicelevel werden so eingerichtet, dass den Mitarbeitern nach Erreichen einer neuen Signalstufe genügend Zeit verbleibt, hierauf zu reagieren.
- Bearbeitungszeit
Die Zeit vom Erreichen des Postkorbs des Agenten bis zur Beantwortung der eMail wird nicht erfasst, ebensowenig die Dauer vom Öffnen einer Mail durch den Agenten bis zum Versenden derselben.- Abschlusscodes werden nicht verwendet.
§ 5 Monitoring
Unter Monitoring im Sinne dieser Vereinbarung wird das Beobachten des aktuellen Systemzustands verstanden. Dabei erfolgt lediglich eine temporäre Beobachtung und keine über den Zeithorizont dieser Beobachtung hinausgehende Speicherung der entsprechenden Daten, es sei denn, dies ist im Rahmen des Reporting ausdrücklich vereinbart.
Das Monitoring dient ausschließlich der Steuerung des Systems, insbesondere der Aufrechterhaltung eines guten Servicelevels. Es wird nicht zum Zweck der Überwachung von Leistung oder Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt. Das System wird daher so eingerichtet, dass agentenbezogene Anzeigen und Berichte nicht aufgerufen werden können. Davon ausgenommen ist die Möglichkeit, vorgangsbezogen den jeweiligen Agenten als Ansprechpartner zu ermitteln und anzeigen zu lassen.
Anlage 4 enthält als Muster Bildschirmfotos von allen im System verfügbaren Monitoring-Ansichten.
§ 6 Reporting
Unter Reporting wird das Auswerten von Daten über längere Zeiträume verstanden; dies setzt ein längerfristiges Speichern der entsprechenden Daten voraus.
Die Informationen dienen der Bewertung des Grades des kundenfreundlichen Betriebs sowie der langfristigen Beobachtung des eMail-Aufkommens. Sie werden nicht zum Zweck der Überwachung von Leistung oder Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verwendet. Das System wird so eingerichtet, dass agentenbezogene Anzeigen und Berichte nicht aufgerufen werden können. Agentenbezogene Such- oder Filterfunktionen werden nicht angeboten.
Bei Auswertungen, die sich auf mehrere Personen beziehen, ist sicher zu stellen, dass die Anonymität der einzelnen Personen gewährleistet ist. Die Möglichkeit zur freien Abfrage der Datenbank wird nicht angeboten.
§ 7 Berechtigungen
Die Vergabe der Zugriffsrechte und der Umfang der Berechtigungen ist jeweils für die verschiedenen Funktionen in Anlage 5 dokumentiert. Dem Betriebsrat werden auf Wunsch die Namen der berechtigten Personen mitgeteilt.
§ 8 Schulungen
Die Schulungen zur Nutzung des Systems erfolgen zeitnah vor Inbetriebnahme. Das Schulungskonzept wird dem Betriebsrat vorher vorgestellt und mit ihm einvernehmlich abgestimmt.
Die Qualifizierungsmaßnahmen finden während der Arbeitszeit statt. Bei dieser Gelegenheit werden die Beschäftigten auch ausführlich über die neuen Arbeitsabläufe und Routingregeln informiert. Der Arbeitgeber stellt sicher, dass den Benutzern kompetente Ansprechpersonen während der ersten Monate nach Inbetriebnahme zur Verfügung stehen.
§ 9 Technischen Bestimmungen
eMails und die sie begleitenden Daten werden nach 4 Wochen archiviert. Dabei werden die mitarbeiterbezogenen Informationen gelöscht bzw. anonymisiert.
Log-Protokolle über die Benutzung der Systeme werden ausschliesslich zum Zweck der technischen Analyse und technischen Fehlerbehebung durch die dazu befugten Systemadministratoren verwendet. Nach spätestens 3 Monaten werden die Log-Protokolle automatisch gelöscht oder überschrieben.
Über den eMail-Verkehr hinaus werden keine Daten aus dem System exportiert. Ausnahmen sind ggf. mit einer stichwortartigen Beschreibung in einer Anlage zu vereinbaren.
§10 Änderungen und Erweiterungen des Systems
Der Betriebsrat wird über neue Systemteile sowie neue Leistungsmerkmale der eingesetzten Software vor deren Einsatz informiert. Auf Wunsch des Betriebsrats findet eine Beratung statt. Macht der Betriebsrat infolge neuer Leistungsmerkmale oder veränderten Umgangs mit dem Systems betriebsverfassungsrechtlichen Regelungsbedarf geltend, so wird hierüber mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung verhandelt.
Eine Änderung der Anlagen ist nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat möglich.
§11 Pilotphase
Sechs Monate nach Einführung des Systems treffen sich Geschäftsführung und Betriebsrat und beraten über die getroffenen Regelungen und ggf. über Änderungsvorschläge oder notwendige Präsizierungen dieser Bestimmungen. Beide Seiten erklären sich bereit, die auftauchenden Aspekte einvernehmlich zu regeln.
§ 12 Schlussbestimmungen
Informationen, die unter Verletzung von Bestimmungen dieser Vereinbarung gewonnen wurden, dürfen zur Begründung personeller Maßnahmen nicht verwendet werden und sind ggf. zurückzunehmen.
Der Betriebsrat hat das jederzeitige Recht, in das System und dessen Einstellungen Einsicht zu nehmen und sich fachkundig vorführen zu lassen
Sofern externe Dienstleister mit dem Betrieb oder Administration des Systems betraut werden, werden diese vom Unternehmen auf die Einhaltung der Bestimmungen dieser Vereinbarung schriftlich verpflichtet.Kommt in Fällen, in dem diese Vereinbarung Einvernehmen vorsieht, letzteres nicht zu Stande, entscheidet eine nach §76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.
Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und kann mit einer Frist von x Monaten zum y gekündigt werden. Sie wirkt nach bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung.