Betriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung des Systems proAlpha

Hier handelt es sich um ein mittelständisches Produktionsunternehmen, das die ERP-Software proAlpha für den gesamten Bereich eingesetzt hat, den ein Enterprise Resource Planning-System (ERP) abdeckt: betriebswirtschaftliche und logistische Anwendungen sowie Personalwirtschaft. Alternativ zu SAP hat sich das Unternehmen für diese Software entschieden.

 

 

1. Gegenstand und Geltungsbereich
 

Diese Betriebsvereinbarung regelt den Einsatz des ERP-Softwaresystems proAlpha bei der ... [Name des Unternehmens]. Sie gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit dem System arbeiten oder deren Daten im System verarbeitet werden.

2. Zielsetzung
 

Diese Betriebsvereinbarung verfolgt das Ziel, die genannten Anwendungssysteme so einzusetzen, dass sie zu einer Verbesserung der Arbeitsqualität beitragen und dass die Beschäftigten vor den Gefahren einer technischen Überwachung ihrer Leistung oder ihres Verhaltens geschützt werden.

3. Leistungsumfang des Systems
 

Der Leistungsumfang des Systems umfasst die Einsatzgebiete

  • Einkauf
  • Materialwirtschaft
  • Vertrieb
  • Projektmanagement
  • Produktionsplanung und –steuerung mit BDE-Anbindung
  • Advanced Planning and Scheduling
  • Instandhaltung und Wartung
  • Betriebswirtschaftliche Anwendungen (Kennzahlen- und Frühwarnsystem, Finanzwesen, Kosten- und Leistungsrechnung, Anlagenverwaltung)
  • Personalwesen

Neben dem Basissystem (gemeinsame Datenbank für alle Anwendungen, Workflow- und Informationssystem) verfügt das System über eine CAD-Integration, eine Dokumentenmanagement und ausbaubare Schnittstellen zum eBusiness. Auf die Automatisierung von Arbeitsabläufen mittels voreingestellter mehrstufiger Workflows wird verzichtet, ebenso auf den Einsatz des Management-Informationssystems.


Anlage 1 enthält eine Kurzbeschreibung der verschiedenen eingesetzten Programmteile.

4. Querschnittsfunktionen
 

Die folgenden Leistungsmerkmale betreffen alle verfügbaren Programmteile und gelten deshalb für das gesamte ERP-System.

4.1 Speicherungen über das Benutzerverhalten
  Aufzeichnungen der Systemsoftware über das Benutzerverhalten (Logfiles, Transaktionsprotokolle) dürfen nur von der Systemadministration zu Zwecken der Gewährleistung der Systemsicherheit, der Fehleranalyse und –korrektur sowie zur Optimierung der Systemleistung benutzt werden.
4.2 Umgang mit Sachbearbeiterkennzeichen
  Soweit das System in Stammdaten oder Bewegungs-Datensätzen identifizierende Merkmale der Benutzer speichert, dürfen diese nur zur Kenntlichmachung von Ansprechpersonen zur Klärung von Nachfragen im Einzelfall benutzt werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen des vorherigen Einvernehmens mit dem Betriebsrat.
5. Systemteile mit Rückmeldungen über geleistete Arbeiten
 

Bei den die Produktion unterstützenden Programmfunktionen gelten diejenigen Systemteile als regelungsbedürftig, in denen Informationen über den Fortschritt der von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleisteten Arbeit oder über nähere Umstände dieser Arbeit zurückgemeldet werden. Dies betrifft die Produktionssteuerung, das Projekt- und das Qualitätsmanagement.

5.1 Produktionssteuerung
  Der Arbeitsfortschritt der Fertigungsaufträge wird arbeitsplatzbezogen erfasst. Die Eingaben erfolgen ohne Personen identifizierende Merkmale über Personal Computer, die in unmittelbarer Nähe der Arbeitsplätze aufgestellt sind. Die Rückmeldung wird von denjenigen Personen vorgenommen, die die entsprechenden Arbeiten durchgeführt haben; es wird darauf geachtet, dass der betroffene Fertigungsauftrag mit wenig Eingabeaufwand in System auffindbar ist. Der Rückmeldevorgang wird so voreingestellt, dass die geplante Soll-Bearbeitungszeit als Ist-Bearbeitungszeit rückgemeldet wird. Das Datenfeld für diese Ist-Zeit ist für die Benutzer überschreibbar. Sie sind gehalten, Korrekturen der Ist-Zeit immer nur dann vorzunehmen, wenn die Abweichung von der im System geplanten Soll-Zeit die in Anlage 2 vereinbarten Grenzwerte überschreitet. Wenn solche Abweichungen von der Soll-Zeit eingegeben werden, haben die Bearbeiter ebenfalls die Möglichkeit, den Grund für die Abweichung einzugeben. Die Auswahl für diesen Grund wird vom System in festgelegter Form durch ein Pulldown-Auswahlmenü angeboten. Die im System eingebbaren Abweichungen beziehen sich ausschließlich auf technische und logistische Gründe und sind ebenfalls in Anlage 2 (produktionsbereichsweise) dokumentiert.
5.2 Projektmanagement
  Aufträge, die nicht durch Standardprodukte abgedeckt werden können, werden mit Hilfe des Projektmanagements erfasst. Die Rückmeldungen erfolgen ohne Identifizierung der Person in Stundenangaben unter Verwendung eines Zeitarten-Schlüssels, der in Anlage 3 vereinbart ist. Die Eingaben sollen zeitnah erfolgen und müssen am Ende der Kalenderwoche aktuell sein.
5.3 Qualitätsmanagement
 

Ziele des Qualitätsmanagements sind

  • die Analyse der Gründe bei internen und externen Reklamationen,
  • den Anteil der Reklamationen zu senken und
  • vorbeugende Maßnahmen zu entwerfen, die das Auftreten von Reklamationen vermeiden sollen.
Es werden Daten über Fehlermerkmale, Funktionsfehler, Fehlerursachen und einzuleitende Maßnahmen erfasst, ferner die für die weitere Bearbeitung zuständige Stelle. Auf eine Erfassung der eine interne Reklamation verursachenden Person wird verzichtet.
Die Meldungen werden regelmäßig von einem Reklamations-Management-Team (RM-Team) bearbeitet. Dieses Team erörtert auch die Schlussfolgerungen, die aus Auswertungen der eingegebenen Daten gewonnen werden. Auswertungen dienen vor allem dem Zweck, im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses Fehlerursachen frühzeitig zu erkennen und im Sinne vorbeugender Maßnahmen zu vermeiden.
6. Personaldatenverarbeitung
 
6.1 Leistungsumfang
  Das System unterstützt die Arbeiten des Personalwesens auf den Gebieten
  • Entgeltabrechnung
  • Personalverwaltung (Stammdatenpflege, Standardschriftverkehr, Bescheinigungen, Auswertungen unter Beachtung der Ziffer 6.3)
  • Personalentwicklung, insbes. das Qualifizierungsmanagement.
6.2 Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten
  Es gelten die Grundsätze der strikten Zweckbindung, der Verhältnismäßigkeit und der Normenklarheit.
Es werden nur Daten im Zusammenhang festgelegter Verwendungszwecke verarbeitet. Verhältnismäßigkeit bedeutet die Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit personenbezogenen Daten. Normenklarheit bedeutet, dass den betroffenen Personen die Regeln der Verarbeitung ihrer Daten verständlich sein müssen.
6.3 Besonders schutzwürdige Personaldaten
  Personenbezogene Daten, die
  • Arbeitszeiten, insbesondere Fehlzeiten,
  • Details der Qualifizierung (über Stammdaten hinaus),
  • Beurteilungen,
  • Gesundheit und
  • Aktivitäten außerhalb des Unternehmens
beschreiben, gelten wegen ihrer hohen Überwachungseignung als besonders schutzwürdig im Sinne dieser Vereinbarung. Deshalb wird ihre Verarbeitung an die einschränkenden Bestimmungen der folgenden Ziffer gebunden.
6.4 Verarbeitungsregeln für besonders schutzwürdige Personaldaten
  Auswertungen, die mit Zugriff auf Arbeitszeit-, Qualifizierungs- und Beurteilungsdaten gemäß Ziffer 6.3 erstellt werden, sind nur in einer durch von den Benutzern nicht veränderbaren Programmen festgelegter Form erlaubt und bedürfen der Vereinbarung in Anlage 4 durch je ein Muster. Auf diesen Mustern sind der Kreis der zugriffsberechtigten Personen bzw. der Empfängerkreis festgelegt. Für diese Daten werden keine Software-Werkzeuge freigegeben, die von Benutzern definierte freie Abfragen erlauben.

Die im System gespeicherten Informationen über Schwerbehinderung dürfen nur bei der Anzeige im Einzelfall sowie in statistischen Auswertungen ohne Personenbezug verwendet werden. Darüber hinaus werden gesundheitsbezogene Informationen nur zur Terminkontrolle für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (im Sinne von Wiedervorlagefunktionen) verwendet.

Im System gespeicherte Informationen über außerbetriebliche Aktivitäten beruhen auf Freiwilligkeit.

Detaillierte Informationen über Mitarbeiterqualifikationen und Qualifizierungsmaßnahmen werden insbesondere zur Erfüllung der in anderen Betriebsvereinbarungen festgelegten Aufgaben verwendet; dies betrifft vor allem eine Auswertung der Bildungsmaßnahmen gemäß .... [Verweis auf eine andere Vereinbarung].
6.5 Zugriffsberechtigungen
  Die Struktur der für das Teilsystem Personalwesen vergebenen Berechtigungen ist in Anlage 5 vereinbart.
7. Qualifizierung der Benutzerinnen und Benutzer
 

Die Planung der Benutzerqualifizierung ist Teil des Projektmanagements. Die Qualifizierungsmaßnahmen werden so aufgebaut, dass die Benutzer

  • einen Überblick über das gesamte (Teil-)System und die in ihrem Arbeitsgebiet zu nutzenden Systemteil erhalten und

  • die speziellen Programmfunktionen ihres Aufgabengebietes trainieren.

Der Zeitpunkt der Qualifizierungsmaßnahmen wird so gewählt, dass eine Aufnahme der Arbeit mit dem neuen Systemteil unmittelbar nach der Schulung erfolgen kann.

Während einer nicht zu kurz gehaltenen Einarbeitungszeit stehen den Benutzern Ansprechpersonen zur Verfügung, an die sie sich mit Fragen wenden können und die ihnen Hilfestellung bei Schwierigkeiten gewähren.

Nach dieser Einarbeitungszeit findet arbeitsbereichsweise ein Erfahrungsaustausch zwischen Endbenutzern und Projektverantwortlichen statt. Dieses Treffen dient der Anregung von Verbesserungen für die Systemauslegung. Der Betriebsrat hat das Recht, sich an der Durchführung dieser Veranstaltungen zu beteiligen.

Bei Releasewechsel oder sonstigen größeren Veränderungen der Software wird darauf geachtet, dass vor einer entsprechenden Freigabe die Benutzerinnen und Benutzer über die Änderungen unterrichtet sind bzw. bei größerem Ausmaß der Veränderungen Möglichkeiten eines Trainings erhielten.

8. Verfahrensregelungen
 

Der Betriebsrat wird über neue Teilsysteme (Module) anhand schriftlicher Unterlagen informiert, sobald die Einführungsentscheidung getroffen worden ist. Auf Wunsch des Betriebsrats findet eine ausführliche Beratung statt. Bei dieser Beratung wird überprüft, ob die Bestimmungen dieser Vereinbarung für das neue Teilsystem eingehalten werden können.

Ist dies nicht der Fall oder macht der Betriebsrat die Erforderlichkeit einer ergänzenden Regelung geltend, so nehmen die Parteien Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung auf. Die Anlage 1 (Überblick eingesetzte Teilsysteme) wird nach erfolgter Einigung entsprechend ergänzt.

Ähnlich wird bei wichtigen Änderungen bestehender Teilsysteme oder neuen Software-Releases verfahren. Gegebenenfalls werden ebenfalls Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung von Abweichungen oder Ergänzungen zu dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen.

Ergeben sich aus der Anwendung eines Teilsystems neue Probleme, die mit der Überwachung von Leistung oder Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun haben, oder macht der Betriebsrat Abweichungen von den Grundsätzen dieser Vereinbarung geltend, so wird auf seinen Antrag hin über die Angelegenheit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung verhandelt.

Änderungen der Anlagen

  • 2 (Grenzwerte und Gründe für die Eingabe von Ist-Bearbeitungszeiten),
  • 3 (Zeitarten im Projektmanagement),
  • 4 (Auswertungen besonders schutzwürdiger Daten) und
  • 5 (Zugriffsrechte Personalwesen)

bedürfen des gegenseitigen Einvernehmens.

Kommt in den Fällen, in denen diese Vereinbarung das Einvernehmen zwischen Unternehmen und Betriebsrat vorsieht, eine Einigung nicht zu Stande, so entscheidet eine gem. § 76 Abs. 5 BetrVG zu bildende Einigungsstelle.

9. Schlussbestimmungen
 

Sollten Daten, die Leistung und/oder Verhalten von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern beschreiben, unter Missachtung von Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung erhoben oder verarbeitet werden, so sind sie als Beweismittel zur Begründung personeller Maßnahmen nicht mehr zulässig; hierauf gestützte personelle Einzelmaßnahmen sind zurückzunehmen.

Diese Vereinbarung tritt mit Produktivschaltung des ersten Teilsystems in Kraft. Sie kann mit einer Frist von einem halben Jahr zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung wirkt sie nach bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung.