Neues von der EU
Verflichtungen und Verbote
Am 2. Februar 2025 tritt die Verpflichtung für Firmen in Kraft, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu der erforderlichen Kompetenz in Sachen Umgang mit KI-Techniken zu verhelfen:
Artikel 4 AI Act der Europäischen Union Inkrafttreten 2.2.2025
Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind.
Wer glaubt, es wird eine Qualifizierungs-Lavine ins Rollen kommen, sollte sich lieber auf eine handfeste Enttäuschung einstellen: Pegelstand des Qualifikations-Niveaus eher in gefährlicher Nähe der Null-Linie. Die meisten Firmen verharren im Wartestand.
Ab Mai 2025 hagelt es dann Verbote. Systeme, die nach Artikel 5 AI Act nicht eingesetzt werden dürfen:
Folgende Praktiken im KI-Bereich sind verboten:
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme oder die Verwendung eines KI-Systems, das Techniken der unterschwelligen Beeinflussung außerhalb des Bewusstseins einer Person oder absichtlich manipulative oder täuschende Techniken mit dem Ziel oder der Wirkung einsetzt, das Verhalten einer Person oder einer Gruppe von Personen wesentlich zu verändern, indem ihre Fähigkeit, eine fundierte Entscheidung zu treffen, deutlich beeinträchtigt wird, wodurch sie veranlasst wird, eine Entscheidung zu treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätte, und zwar in einer Weise, die dieser Person, einer anderen Person oder einer Gruppe von Personen erheblichen Schaden zufügt oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zufügen wird;
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme oder die Verwendung eines KI-Systems, das eine Vulnerabilität oder Schutzbedürftigkeit einer natürlichen Person oder einer bestimmten Gruppe von Personen aufgrund ihres Alters, einer Behinderung oder einer bestimmten sozialen oder wirtschaftlichen Situation mit dem Ziel oder der Wirkung ausnutzt, das Verhalten dieser Person oder einer dieser Gruppe angehörenden Person in einer Weise wesentlich zu verändern, die dieser Person oder einer anderen Person erheblichen Schaden zufügt oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zufügen wird;
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme oder die Verwendung von KI-Systemen zur Bewertung oder Einstufung von natürlichen Personen oder Gruppen von Personen über einen bestimmten Zeitraum auf der Grundlage ihres sozialen Verhaltens oder bekannter, abgeleiteter oder vorhergesagter persönlicher Eigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmale, wobei die soziale Bewertung zu einem oder beiden der folgenden Ergebnisse führt:
- Schlechterstellung oder Benachteiligung bestimmter natürlicher Personen oder Gruppen von Personen in sozialen Zusammenhängen, die in keinem Zusammenhang zu den Umständen stehen, unter denen die Daten ursprünglich erzeugt oder erhoben wurden;
- Schlechterstellung oder Benachteiligung bestimmter natürlicher Personen oder Gruppen von Personen in einer Weise, die im Hinblick auf ihr soziales Verhalten oder dessen Tragweite ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig ist
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme für diesen spezifischen Zweck oder die Verwendung eines KI-Systems zur Durchführung von Risikobewertungen in Bezug auf natürliche Personen, um das Risiko, dass eine natürliche Person eine Straftat begeht, ausschließlich auf der Grundlage des Profiling einer natürlichen Person oder der Bewertung ihrer persönlichen Merkmale und Eigenschaften zu bewerten oder vorherzusagen; dieses Verbot gilt nicht für KI-Systeme, die dazu verwendet werden, die durch Menschen durchgeführte Bewertung der Beteiligung einer Person an einer kriminellen Aktivität, die sich bereits auf objektive und überprüfbare Tatsachen stützt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einer kriminellen Aktivität stehen, zu unterstützen;
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme für diesen spezifischen Zweck oder die Verwendung von KI-Systemen, die Datenbanken zur Gesichtserkennung durch das ungezielte Auslesen von Gesichtsbildern aus dem Internet oder von Überwachungsaufnahmen erstellen oder erweitern;
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme für diesen spezifischen Zweck oder die Verwendung von KI-Systemen zur Ableitung von Emotionen einer natürlichen Person am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen, es sei denn, die Verwendung des KI-Systems soll aus medizinischen Gründen oder Sicherheitsgründen eingeführt oder auf den Markt gebracht werden;
- das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme für diesen spezifischen Zweck oder die Verwendung von Systemen zur biometrischen Kategorisierung, mit denen natürliche Personen individuell auf der Grundlage ihrer biometrischen Daten kategorisiert werden, um ihre Rasse, ihre politischen Einstellungen, ihre Gewerkschaftszugehörigkeit, ihre religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, ihr Sexualleben oder ihre sexuelle Ausrichtung zu erschließen oder abzuleiten; dieses Verbot gilt nicht für die Kennzeichnung oder Filterung rechtmäßig erworbener biometrischer Datensätze, wie z. B. Bilder auf der Grundlage biometrischer Daten oder die Kategorisierung biometrischer Daten im Bereich der Strafverfolgung;
- die Verwendung biometrischer Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme in öffentlich zugänglichen Räumen zu Strafverfolgungszwecken, außer wenn und insoweit dies im Hinblick auf eines der folgenden Ziele unbedingt erforderlich ist:
- gezielte Suche nach bestimmten Opfern von Entführung, Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung sowie die Suche nach vermissten Personen;
- Abwenden einer konkreten, erheblichen und unmittelbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit natürlicher Personen oder einer tatsächlichen und bestehenden oder tatsächlichen und vorhersehbaren Gefahr eines Terroranschlags;
- Aufspüren oder Identifizieren einer Person, die der Begehung einer Straftat verdächtigt wird, zum Zwecke der Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungen oder von Strafverfahren oder der Vollstreckung einer Strafe für die in Anhang II aufgeführten Straftaten, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nach dessen Recht mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren bedroht ist.
Wir kennen die wortreichen Formulierungen und schwammigen Beschreibungen der EU, die weite Interpretationsräume zulassen und einen ohne Anwaltsbüro ziemlich im Regen stehen lassen. Das Vernebelungsspiel hat seinen guten Grund, wenn das Ergebnis unter Heerschaaren von Lobbyisten ausgehandelt worden ist:
Die KI-Standards der EU werden von Industrielobbys geschrieben.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Corporate European Observatory CEO). Demnach wurde die Ausgestaltung der KI-Richtlinie der EU mit technischen Normen und Standards einem Gremium übertragen, das von Vertretern von Big-Tech-Unternehmen dominiert wird.
Quelle: newsletter@it-ag.de KW 03/2025 von netzpolitik.org
Natürlich kann man alles auch kürzer sagen:
- KI-Systeme, die unterschwellige oder absichtlich manipulative und täuschende Techniken einsetzen, um eine Person zu ungewollten Entscheidungen zu beeinflussen.
- KI-Anwendungen, die eine Schwachstelle einer Person aufgrund ihres Alters, einer Behinderung oder einer besonderen sozialen oder wirtschaftlichen Situation ausnutzen, um sie negativ zu beeinflussen.
- KI, die Menschen aufgrund ihres Sozialverhaltens oder bekannter, abgeleiteter oder vorhergesagter Merkmale beurteilt und damit zu ihrer Benachteiligung führt.
- KI-Systeme, die das Risiko einer Straftat vorhersagen auf der Grundlage eines Profils oder der Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen.
- KI-Apps, die Datenbanken für die Gesichtserkennung durch das ungezielte Auslesen von Gesichtsbildern aus dem Internet oder aus Videoüberwachungsaufnahmen erstellen oder erweitern.
- KI-Systeme zur Ableitung von Emotionen einer natürlichen Person am Arbeitsplatz oder in Bildungseinrichtungen mit Ausnahm von medizinischen oder sicherheitstechnischen Gründen.
- Verwendung biometrischer Kategorisierungssysteme, die einzelne natürliche Personen auf der Grundlage ihrer biometrischen Daten kategorisieren, um Rückschlüsse auf ihre Ethnie, ihre politischen Meinungen, ihre Gewerkschaftszugehörigkeit, ihre religiösen oder philosophischen Überzeugungen, ihr Sexualleben oder ihre sexuelle Ausrichtung zu ziehen.
- KI-gestützte biometrische Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme in öffentlichen Räumen.
Während die Protagonisten des Gesetzes allen Ernstes die Auffassung vertreten, das Gesetz könne sich - ähnlich wie die Datenschutz-Grundverordnung - als weltweiter Exportschlager der EU erweisen, schafft der frisch gewählte US-Präsident, Donald Trump schnelle Fakten: Keine zwei Tage im Amt hebt er den ohnehin sehr milde gestalteten Erlass Joe Bidens zur KI-Entwicklung kurzweg auf. Im Archiv findet man ihn noch: Executive Order on the Safe, Secure, and Trustworthy Development and Use of Artificial Intelligence.
Auf der Webseite des Weißen Hauses ist er schon verschwunden. Da macht einer wirklich ernst. Freie Fahrt für die Tech-Konzerne. Ohne gesetzliche Regeln, ohne containment.