Es tut einer realitätsbezogenen Meinungsbildung über die Leistungen und Leistungsgrenzen Künstlicher Intelligenz gut, sich zu vergewissern, was in unserem Kopf passiert. Schließlich war es der Anspruch der Künstlichen Intelligenz, das nachzubauen.

Erinnern

Lernen erfolgt durch die Verstärkung der Neuronenverbindungen. Dazu stehen uns mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Verbesserung der Leitungsfähigkeit bereits vorhandener Kanäle
  • Bildung neuer Rezeptoren in den zu verstärkenden Synapsen
  • Bereitstellen größerer Mengen von Neurotransmittern in Synapsen
  • Bildung neuer Neurone v.a. im Hippocampus

Erinnern

Erinnern ist kein bloßer Zugriff auf feste Bestandteile unseres Gedächtnisses, sondern eher die Aktualisierungen von vage gespeicherten Bedeutungen (Unschärfe) mit rückwirkender Veränderung dieser erneut gespeicherten Bedeutungen. Dies geschieht im Sinne einer Überschreibung oder Ergänzung als neues zusätzliches Wissen (umstritten). Die herrschende Meinung ist die Theorie der Rekonsolidierung: Lernen als dazulernende Erinnerung.

Wahrnehmung

Sinnesreize erreichen zunächst den entorhinalen Kortex. Dieser ist mit fast allen Arealen der Großhirnrinde verbunden. Eine wichtige Station ist der Hippocampus, das Nadelöhr Arbeitsgedächtnis (vormals auch Kurzzeitgedächtnis genannt). Es kann nur durchschnittlich sieben Informationseinheiten gleichzeitig bearbeiten. Dabei spielen Interneurone eine wichtige Rolle. Sie steuern die Taktung der Verarbeitung, haben nur kurze Axone, die sie mit nur wenigen Zellen verbinden. Einige Synapsen ihrer Axone haben hemmende, andere beschleunigende Reizweiterleitungen. Ihr Zusammenspiel der Reizkoordination und -synchronisierung erfolgt in einer Frequenz von ca. 40 Hz. Diese Oszillation bringt die richtigen Zellen zum richtigen Zeitpunkt innerhalb von hundertstel Sekunden zum gleichzeitigen Feuern. Damit wird die Basis zur Bildung einer bleibenden Gedächtnisspur geschaffen.

Einige dieser Interneurone, sog. Projektionsneurone, haben lange Axone und stellen Verbindungen über ihr lokales Netz zu weiter entfernten Hirnregionen her. Sie sind mit dort befindlichen Interneuronen verbunden, die den Takt der lokalen Neuronalen Netzwerke vorgeben. Sie haben also eine Art Superdirigent-Funktion. So werden dann die unterschiedlichen Netzwerke für Wahrnehmung und Motorik, Denken und Fühlen, Vorstellen und Erinnern usw. synchronisiert und deren Balance organisiert. Dieser Sachverhalt ist wichtig für die Herausbildung des episodischen Gedächtnisses, das sich Zeitverläufe und Prozesse merken kann. Entwicklungsgeschichtlich ist es - wie der Frontallappen des Neocortex unseres Gehirns - erst spät entstanden.

Erst das episodische Gedächtnis kann Alternativen zu erlebten Abläufen betrachten und ermöglicht auf dieser Grundlage Planung. Entwicklungsgeschichtlich soll sich dies als vorteilhaft für die Menschheit erwiesen haben.

 

Karl Schmitz Juni 2024