Stand Juni 1997
E-mail-Systeme erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, da die mail-server, die die von Benutzer zu Benutzer (oder ganzen Benutzergruppen) versendeten mails, die Benutzeraktivitäten, protokollieren oder zumindest protokollieren können (bei einigen mail-servern kann man die Protokollierung abstellen). Die Problematik verhält sich ähnlich wie bei den Telekommunikationsanlagen, bei denen ebenfalls Daten über die Telefongespräche protokolliert werden. Die Protokolle umfassen in der Regel Datum und Uhrzeit, wer an wen eine message verschickt hat und die Menge der übertragenen Daten. Darüber hinaus sind weitere arbeitsorganisatorische Aspekte berührt.
Ein wichtiges Thema ist die Gleichbehandlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es handelt sich bei der e-mail um ein allgemeines Kommunikationsmittel, vergleichbar mit dem Telefon. Daher ist darauf zu achten, daß allen Beschäftigten das Arbeitsmittel zur Verfügung steht und sein Einsatz nicht auf privilegierte Gruppen beschränkt bleibt.
Für den Inhalt und die Verteilung der mails sind nur Sender und Empfänger verantwortlich, keine weiteren Personen erhalten Einsichts- oder gar Schreibrechte für die mails, auch nicht ein Systemverantwortlicher oder -administrator. Die Empfänger allein sollten für das Löschen der Nachrichten verantwortlich sein. Insbesondere aber dürfen vom System keine Kopien der versendeten Nachrichten angefertigt werden, auch nicht aus Gründen angeblicher Datensicherheit. Schwierigkeiten bereiten möglicherweise Probleme wie die Frage, wie Urlaubsvertretungen zu regeln sind.
Wenn die Server-Software dies erlaubt, sollte vereinbart werden, daß die Protokollierung versendeter mails abgeschaltet wird. Kann man sich nicht auf eine solche Regelung verständigen, so wäre zu vereinbaren:
Der Betriebsrat ist Teilnehmer im e-mail-System. Er hat insbesondere das Recht die Schwarzes-Brett-Funktion des Systems mit Schreibrecht zu benutzen (Meldungen, die alle Mitglieder des Systems lesen können) und sich Verteilerkreise selber aufzubauen, falls solche Funktionen zur Verfügung stehen.
Bei den meisten e-mail-Systemen sieht der Sender, wann der Empfänger die Meldung öffnet. Einige Systeme sorgen dafür, daß der Sender eine Bestätigung erhalten kann. In solchen Fällen sollte so verfahren werden, wie man es von eingeschriebenen Briefen mit Rückantwort kennt: Für den Empfänger sollte sichtbar sein, daß es sich um eine Nachricht mit Rückantwort handelt.
Die folgenden Spielregelungen sind aus dem Anhang einer abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Bürokommunikation entnommen, in Anlehnung an die Internet-Nettiquette:
Bedenken Sie, daß Ihre Gesprächspartner Menschen sind. Vermeiden Sie, in elektronischer Post etwas zu schreiben, was Sie der gleichen Person nicht auch vor einem Raum mit Menschen sagen würden. Denken Sie daran, daß Ihre Nachricht von sehr vielen Menschen gelesen werden kann, im Internet sogar von Menschen in der ganzen Welt.
Greifen Sie niemanden an. Versuchen Sie, andere durch Fakten und Argumente von Ihrem Standpunkt zu überzeugen. Angriffe und Flüche führen dazu, daß die Bereitschaft der anderen Benutzer abnimmt, Ihnen zu helfen, wenn Sie es benötigen.
Wenn die Äußerung eines Benutzers Sie aufregt, warten Sie bis Sie Gelegenheit hatten, sich zu beruhigen und über eine mögliche Antwort in Ruhe nachzudenken. Voreilige Worte verursachen oft mehr Probleme als sie lösen sollten.
Denken Sie daran, daß Tausende von Menschen in der ganzen Welt möglicherweise Ihre Message lesen. Da kann es natürlich auch vorkommen, daß darunter Ihre Chefin, die Chefin einer Freundin, der beste Freund des Bruders usw. ist. Alle Information, die Sie im Netz veröffentlichen, kann zurückkehren und Ihnen oder der Person, über die Sie geschrieben haben, das Leben schwer machen.
Denken Sie gut darüber nach, bevor Sie persönliche Informationen über sich selbst oder andere veröffentlichen.
Machen Sie Ihre Aussage in knapper Form. Denken Sie daran, je länger Ihre Mitteilung ist, desto mehr Leuten wird sie möglicherweise zu lang sein, so daß sie sich gar nicht erst damit auseinandersetzen werden.
Viele Menschen, mit denen Sie über e-Mail verkehren, werden Sie nur nach dem beurteilen können, was Sie in Ihren elektronischen Nachrichten schreiben und wie Sie es schreiben. Nehmen Sie sich die Zeit, um Tippfehler zu korrigieren und prüfen Sie, ob Ihre Mitteilung einfach zu lesen und zu verstehen ist. So werden Ihre Nachrichten Ihnen später auch nicht peinlich sein.
Die Subject-Zeile einer Nachricht ist es, wonach die Leser entscheiden ob sie eine Mitteilung lesenswert finden oder nicht. Sagen Sie den Leuten, was sie in der Mitteilung erwartet. Eine Überschrift "Auto zu verkaufen" hilft nicht soviel wie "86er VW Passat zu verkaufen: Bochum". Erwarten Sie nicht, daß die Leute Ihre Mitteilung schon lesen werden, um herauszufinden, worüber sie handelt; viele werden das gleich lassen. Sie haben für die Subject-Zeile nur eine begrenzte Anzahl von Zeichen zur Verfügung (je nach System), halten Sie die Überschrift also kurz und knapp.
Bevor Sie eine Mitteilung abschicken, überlegen Sie, welche Menschen Sie damit erreichen wollen. Versuchen Sie, den für das jeweilige Problem angemessenen Personenkreis anzusprechen, nicht den breitesten.
Vermeiden Sie Abkürzungen, erklären Sie diejenigen, die Sie benutzen.
Falls Ihre Nachricht nur für einen begrenzten Personenkreis von Interesse ist, veröffentlichen Sie die Nachricht auch nur für die entsprechenden Bereiche.
Ohne Körpersprache und den Klang der Stimme, die ein persönliches Gespräch beherrschen, passiert es leicht, daß Bemerkungen, die eigentlich witzig gemeint waren, falsch verstanden werden. Unterschwelliger Humor geht dabei schnell verloren. Machen Sie Ihren Lesern klar, daß das Gesagte als Witz zu verstehen ist1).
Natürlich kann es trotzdem vorkommen, daß manche Nachrichten Satire enthalten, ohne daß diese Stellen als solche gekennzeichnet waren. Wenn Sie eine Mitteilung für ein besonderes Ärgernis halten, sollten Sie sich zunächst fragen, ob Sie sie nur mißverstanden haben.
Wenn Sie auf den Mitteilungen von jemand anderem antworten, zitieren Sie bitte die Teile der Mitteilung, auf die Sie antworten . Dadurch können sich die Leser Ihrer Mitteilung auf diese konzentrieren, sie müssen nicht versuchen, sich an das Original zurück zu erinnern.
Am besten zitieren Sie nur die signifikanten Stellen aus der ursprünglichen Mitteilung. Zitieren Sie nicht einfach die ganze Mitteilung, das irritiert nur die Leute, die sie schon gelesen haben.
Wenn Sie eine bestimmte Frage im Netzwerk stellen, dann ist es so üblich, daß Sie hinterher ihre Erfahrungen zusammenfassen, damit andere davon profitieren können. Die beste und einfachste Art, das zu tun, wäre es alle Antworten, die Sie erhalten haben, in einem einzigen Artikel zusammenzutragen, um diesen dann an der gleichen Stelle wie Ihre ursprüngliche Frage zu veröffentlichen. Komprimieren Sie dabei doppelt Gesagtes und schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung. Versuchen Sie, wenn möglich, die Referenzen auf die Autoren der zusammengefaßten Mitteilungen zu geben
Die Reply-Funktion ist eine einfache Möglichkeit, um auf eine Mitteilung zu antworten. Im Header der ursprünglichen Mitteilung ist erkennbar, an wen eine Reply-Mitteilung zurückgeht. Prüfen Sie diese Eintragungen, bevor Sie mit Reply antworten, und ändern Sie die Adressaten, wenn nötig.
Wenn Sie Fakten zitieren, um Ihre Aussagen zu belegen, geben Sie die Quelle der Fakten an. Geben Sie nicht die Ideen anderer als Ihre eigenen aus. Sie würden es auch nicht begrüßen, wenn jemand anderes Ihre Ideen stiehlt. Zeigen Sie anderen den gleichen Respekt.
Aus dem Internet kennt man das Phänomen "Spelling-Flame" (Beschimpfung über Rechtschreibefehler). Es beginnt fast immer damit, daß ein Benutzer einen Artikel veröffentlicht in dem er/sie die Grammatik oder Rechtschreibung in einem vorhergegangenen Artikel korrigiert. Sofort verwandeln sich alle im Netz in einen Deutsch- (oder auch Englisch-)Lehrer einer 6. Klasse und zerpflücken alle ihnen unter die Nase kommenden Artikel. Dies ist nicht besonders produktiv und führt meistens nur zu einem allgemeinen Haß aufeinander.
Wir machen alle viele Fehler, und es gibt im Netz viele Leute, die nicht in ihrer Muttersprache schreiben. Dazu kommt eine Menge Leute mit Problemen, die das Erkennen von Rechtschreibfehlern angehen. Wenn Sie meinen, daß ein Kommentar über die Qualität eines Beitrags angemessen ist, schreiben Sie ihn per e-Mail direkt an den Verfasser, ohne einen Verteilerkreis an größere Gruppen zu benutzen.
siehe auch Erfahrungen mit der elektronischen Post