In seiner Entscheidung vom 2. März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht die gesetztlichen Bestimmungen zur Vorratsdatensammlung für grundgesetzwidrig erklärt und die Datensammelei mit sofortiger Wirkung gestoppt.
Zur Erinnerung: Die im Dezember
2007 verabschiedeten gesetzlichen Regelungen sahen vor, dass alle
Telefonunternehmen für sechs Monate die Verbindungsdaten aus Telefon-,
Mail- und Internetnutzung sowie Mobiltelefon-Standortdaten speicher müssen.
Diese Speicherungspflicht umfasste alle Angaben, die erforderlich sind,
um zu rekonstruieren, wer wann wie lange mit wem von wo aus kommuniziert
hat oder zu kommunizieren versucht hat. Bereits 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht
in einer einstweiligen Anordnung das Abrufen der gesammelten Daten durch
staatliche Stellen auf Fälle schwerer Straftaten begrenzt.
Eine sechsmonatige anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten
für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr
und der Aufgaben der Nachrichtendienste, wie sie die §§ 113a, 113b
TKG anordnen, ist mit Art.10 GG nicht schlechthin unvereinbar. Es fehlt
aber an einer dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Ausgestaltung. Die angegriffenen
Vorschriften gewährleisten weder eine hinreichende
Datensicherheit, noch eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke
der Daten. Auch genügen sie nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen
Transparenz und Rechtsschutzanforderungen. Die Regelung ist damit insgesamt
verfassungswidrig und nichtig.
Bundesverfassungsgericht Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08
Die Kritik des Verfassungsgerichts macht sich vor allem an der anlasslosen
Speicherung fest.
Weiter rügt das Gericht die ungenügende Beachtung
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Die über 30.000 Kläger hatten vor allem die Verletzung des Grundrechts
auf informationelle
Selbstbestimmung geltend gemacht. Das Gericht hat
sich nun hauptsächlich auf Artikel
10 des Grundgesetzes, die Wahrung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses,
bezogen und sah dieses Grundrecht verletzt. Nicht gefolgt ist das Gericht
dem Wunsch vieler Kläger, bereits die anlasslose Speicherung selbst für
grundgesetzwidrig zu erklären. Es bleibe genug Gestaltungs-Spielraum,
durch Regelungen der Verarbeitung und insbesondere der Datensicherheit
eine Zweckbindung an die Verfolgung schwerer Straftaten zu binden, so
das Gericht. Diese Position ist verständlich, denn sonst hätte sich
das Gericht erneut mit der Europäischen Union anlegen müssen, die in
einer eilig gestrickten Richtlinie aus
dem Jahr 2006 ihre Mitgliedstaaten verpflichtet hatte, eine mindestens
sechsmonatige Speicherung aller Verbindungsdaten elektronischer Kommunikation
durch nationale Gesetze zu veranlassen. Nun soll diese Richtlinie überarbeitet
werden, ein akzeptabler "Kollateralnutzen" des Karlsruher Richterspruchs.
Als Konsequenz für die betriebliche Regelung
der Datenverarbeitung lässt
sich festhalten, dass den Grundsätzen der Zweckbindung und Verhältnismäßigkeit
höhere Beachtung gewidmet werden muss. Besipielhaft seien folgende Problemfelder erwähnt: