Anpassbarkeit
Einleitung -Modellierung - Steuerbarkeit - Sichtbarkeit -Natürliche Symbole - Umgang mit Fehlern - Einfachheit - Intuitive Bedienung - Regelungen

Die Anpassbarkeit von Software kann unter zwei unterschiedlichen Aspekten betrachtet werden: zum einen die Anpassbarkeit des Computersystems und seiner Programme an den Arbeitsstil oder die Arbeitsweise eines Benutzers (Individualisierbarkeit) und zum anderen die Anpassbarkeit des Software-Systems an die jeweilige Arbeitssituation.

Systeme mit grafischem Benutzer-Interface stellen die Arbeitsmittel des Benutzers als mehr oder weniger frei bewegliche Symbole dar. Diese lassen sich - natürlich nur im Rahmen gewisser Grenzen - nach den Vorstellungen des Benutzers anordnen. Das betrifft zunächst die Sichtbarkeit von Dingen. Häufig benutzte Programme oder Dateien lassen sich direkt auf die “Schreibtischoberfläche” legen. Bei jedem Neustart des Rechners findet der Benutzer seine Objekte dann so vor, wie er sie bei der letzten Arbeitssitzung zurückgelassen hat. Manche Systeme bieten in sogenannten Docks für verschiedene Benutzer unterschiedliche Anordnungen ihrer elektronischen Arbeitsmittel, so dass Veränderungen, die ein Rechnerbenutzer für sich durchgeführt hat, andere Mitarbeiter nicht beeinflussen. Auch die Voreinstellungsmöglichkeiten vieler Anwendungsprogramme enthalten solche individuellen Anpassungsmöglichkeiten. Die Format- oder Druckvorlagen, der automatisch benutzte Schriftfont oder die Schriftgröße und vieles mehr können nach Vorstellungen des Benutzers voreingestellt werden. Gleiches gilt für die Steuerung des Computers durch Tastatur, Maus oder sonstige Peripheriegeräte (z.B. Grafiktablett). Hier lassen sich die Übertragungen von Handbewegungen mit dem entsprechenden Gerät auf die Bildschirmoberfläche, die Reaktionsdauer des Systems auf Benutzereingaben und vieles mehr ebenfalls den individuellen Neigungen entsprechend einstellen.

Alle diese Möglichkeiten sind Hilfsmittel, die es dem Individuum erleichtern, mit dem Computer umzugehen. Sie sind sozusagen state of the art der führenden grafischen Benutzer-Interfaces. Sie alle verfügen in ausführlicher Form über Steuerungsmöglichkeiten zur Anpassung des Computers an individuelle Arbeitsweisen.

Ein anderer Aspekt ist die Anpassbarkeit des Computersystems an die Arbeitssituation. Die kurze Entwicklungsgeschichte der Computerei hat unter diesem Gesichtspunkt die Anwender alles andere als verwöhnt, war es doch landein landaus umgekehrt die Regel, dass der Betrieb an die gekaufte Software angepasst werden musste. Dies lockert sich etwas mit dem Übergang zu werkzeugorientierteren Programmen. Wer allerdings meint, mit WINDOWS oder einem ähnlichen Sesam-öffne-dich sei man gleich im Paradies, der hat sich arg getäuscht. Gleich zwei Erblasten aus vergangenen Zeiten verderben ihm möglicherweise das Spiel, bevor es so richtig angefangen hat: die transaktionsorientierte Denkart der Programmierer und die schon erwähnte Seuche der angehäuften Leistungsmerkmale.

Programmierer sind - natürlich von Ausnahmen abgesehen - schlechte Designer von Arbeitssystemen. Das ist ohne Vorwurf gemeint, Programmierer sind schließlich nicht ausgebildet für die Modellierung der Interaktionen von Menschen über das Medium Computer. “Bei der Software-Entwicklung werden in Zukunft soziale Prozesse im Vordergrund stehen und nicht die Technik. Auf diese Entwicklung sind die Informatiker noch nicht vorbereitet”, stellt ein Software-Entwickler fest und fährt dann mit seinen Überlegungen fort: “Woher soll aber auch das dafür notwendige Verständnis kommen? An den Universitäten ausschließlich geschult in technischem Denken, sollen sich Informatiker nun plötzlich in Menschen einfühlen und deren Arbeitsabläufe nachempfinden. Damit sind sie oft schlichtweg überfordert”. Alle, die sich aufgeschlossen um das Anliegen anwendungsbezogener Entwicklung bemühen, tun das mehr oder weniger als Autodidakten, denen ein bisschen überwiegend US-amerikanische Literatur zur Verfügung steht. Oder sie haben die “philosophy” einer der Firmen erlernt, die heute führend in der Gestaltung grafikfähiger Benutzer-Interfaces sind. Vor allem bei Branchensoftware-Paketen, also Programmen mit geringerer “Auflage” hat man das Phänomen zu beklagen, dass eine verrichtungsorientierte Ablauflogik in die werkzeugorientierte Welt übernommen wurde und dort ziemlichen Flurschaden anrichtet. Die Vorzüge der neuen Software-Möglichkeiten werden nicht ausgenutzt, das Konzept ist oft das alte: festprogrammierte Arbeitsabläufe, die den Benutzer überflüssige Strecken lang wieder in die Bedienerrolle zwängen, und zum Trost dafür wird alles etwas bunter und augengefälliger. Es gibt Anwendungen, da hat man ohne es recht zu merken in einer Viertelminute gleich zwei Dutzend Fenster geöffnet und fängt an zu raten, wo man sich denn nun überhaupt befindet.
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