|
Bilder und Symbole sind von Menschen leichter aufzunehmen als textliche Beschreibungen und meist auch leichter zu merken. Man stelle sich zum Beispiel eine lange Liste vor mit den Wochen- oder Monatsumsätzen einer Unternehmensabteilung. Bis man diese gelesen hat, vergeht einige Zeit. Dann muss man sich der Mühe unterziehen, die Liste für sich auszuwerten: Gibt es steigende, fallende Tendenzen? Wo waren die Höhepunkte? Gibt es auffallende Abweichungen von der Planung usw.? Solche oder ähnliche Fragestellungen werden einem durch den Kopf gehen, bis man zu einem vorläufigen Eindruck gelangt. Dagegen würde eine Darstellung in Form einer Fieberkurve auf der Zeitachse einen viel schnelleren, viel leichter zu bewertenden und zu behaltenden Überblick verschaffen.
Durch Bilder und Symbole können viel komplexere Informationen auf einen Blick vermittelt werden, als dies durch textliche Beschreibungen möglich wäre. Das hat sicher mit der Struktur der menschlichen Wahrnehmung zu tun, über die wir immer noch erstaunlich wenig wissen. Vielleicht hängt es auch mit der Entwicklungsgeschichte der Menschheit zusammen. Was sind zwei Jahrzehnte Umgang mit Computern gegen die Jahrzehntausende der Jäger- und Sammlerzeit, in der es darauf ankam, die Fluchtbewegungen der gejagten Beutetiere in 20 bis 70 m Abstand zu verfolgen? Jedenfalls sind unsere Augen und unser Gehirn von Natur aus nicht dazu geschaffen, vor Bildschirmgeräten zu sitzen und aus 70 cm Abstand eine neun Punkt große Schrift zu lesen.
Symbole an sich sind nun keineswegs schon das Erfolgsrezept zur Erstellung benutzerfreundlicher Programme. Uns ist wenig geholfen, wenn sie uns vor neue Rätsel stellen und wir uns anstrengen müssen, um herauszufinden, was sie bedeuten. Also müssen wir fordern, dass die verwendeten Symbole eine natürliche, offensichtliche Beziehung zu den Dingen oder Abläufen haben, die sie darstellen sollen. Die Zuordnung von Symbol und dem symbolisierten Stück Wirklichkeit soll für den Betrachter spontan einleuchtend, klar und missverständnisfrei sein. In der angelsächsischen Literatur wird diese Beziehung zwischen Symbol und dem, was es symbolisiert mapping genannt, ein Wort, das sich hartnäckig gegen jede treffende Übersetzung durch ein kurzes deutsches Wort wehrt. Beispiele hierfür sind Werkzeugpaletten aus Textverarbeitungs- und Layoutprogrammen (siehe nebenstehende Abbildung), die sinnbildlich dargestellt die Objekte zur Verfügung stellen, mit denen man im Text arbeiten kann, zum Beispiel Rahmen ziehen, Rechtecke, Ovale, Ellipsen oder andere geometrische Figuren zeichnen, gerade und schräge Linien ziehen usw.
Zum Glück kann man inzwischen beobachten, dass sich quer über die verschiedenen Hardware-Plattformen und Rechnerbetriebssysteme hinweg in den Anwendungsprogrammen mehr oder weniger einheitliche Symbole für immer wiederkehrende Operationen durchsetzen wie zum Beispiel geometrische Figuren, Zeichenwerkzeuge, Radiergummis oder elektronische Sprühdosen. Man klickt sie in der Palette, die oft über ein Pull-Down-Menü sichtbar gemacht werden kann, an und hat damit eines dieser Werkzeuge ausgewählt. Oft tut der Cursor, d.h. die Bildschirmmarke, dem Benutzer den besonderen Gefallen und nimmt die Gestalt des gewählten Werkzeugs an, bis man wieder ein anderes Werkzeug wählt, z.B. die Schreibmarke, um in einem Textrahmen ganz gewöhnlich Text zu schreiben. Die folgende Abbildung zeigt dies am Beispiel eines elektronischen Bleistifts als Zeichenwerkzeug.
Die Verwendung von Symbolen eröffnet natürlich wesentlich komplexere Möglichkeiten, wenn sie zur Modellierung von Arbeitssystemen benutzt werden. Hier kommt es beim Design des Systems entscheidend darauf an, dass der modellhaft abgebildete Arbeitsablauf durch Symbole, die möglichst keiner weiteren Erklärung bedürfen, repräsentiert werden kann. Der Benutzer muss wiedererkennen können, welche Arbeitsmöglichkeiten dargestellt sind. Dies ist um so leichter möglich, je mehr die in der Software verwendete Symbolik an bekannte Traditionen anknüpfen kann. Anwendungsbeispiele dieser Art findet man in vielen produktionsnahen Anwendungssystemen, beispielsweise Leitständen zur Steuerung von Maschinen und Anlagen, aber auch zur Disposition von Aufträgen oder Material. Hier kann die Arbeitsaufgabe so visualisiert werden, dass auf einen Blick klar ist, worum es geht. Zugegeben, eine oft nicht geringe Herausforderung an gutes Design, aber hier fallen die Würfel, wenn es um die Qualität des Arbeitssystems geht.
Alle diese geschilderten Gestaltungsmöglichkeiten sind nicht einsetzbar, wenn das Computersystem über kein grafikfähiges Benutzer-Interface verfügt. Dann bleibt letztendlich nur die textliche Beschreibung der Arbeitsabläufe.
Auf eine Gefahr ist an dieser Stelle hinzuweisen. Viele Programmentwickler überladen die Bildschirme mit zuviel Symbolik, die auf einen Blick sichtbar ist. Eine gute Faustregel lautet, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren und die Bearbeitungsmöglichkeiten für andere Aufgaben nur anzudeuten, wobei dem Benutzer die Möglichkeit eingeräumt werden kann, weitere Werkzeuge und Symbole bei Bedarf sichtbar zu machen.
Der vermehrte Computereinsatz im fertigungsnahen Bereich vor allem führt dazu, dass eine heimliche Verlagerung von Hardware-Elementen wie Schalter, Schieber, Hebel, Tasten oder Regler zu Software-Elementen stattfindet. Einstellungen an einer Maschine tätigt man dann nicht mehr durch Bedienelemente in der wirklichen physikalischen Welt, sondern mit Mauszeiger und den immateriellen Symbolen auf der grafischen Computer-Oberfläche. Leider bleiben die Visualisierungsaufgaben bei solchen Anwendungen oft den Ingenieuren allein überlassen, und die haben wenig darüber gelernt, wie menschliche Wahrnehmung abläuft oder auch nur, wie viele Prozesse ein Mensch gleichzeitig mit hoher Aufmerksamkeit verfolgen kann. Man ahnt, ein neues Feld der Ergonomie tut sich auf, das wenig gemein hat mit der Ergonomie nach Vorschrift auf der Basis einseitig technikfixierter Normen, wie es in der Vergangenheit der Fall war.