Kurzfassung
Die denkbaren Fortschritte dank Künstlicher Inelligenz sind unumstritten, ebenso die Gefahrenfelder, die sich bei ungezügelter Entwicklung der Technik auftun. Gesetze erweisen sich als eher stumpf, harte politische Maßnahmen sind zweischneidung und scheitern vermutlich an der Durchführbarkeit. So bleiben Apelle an das Gewissen der Entwicklerinnen und Entwickler und - Motto:die Hoffnung stirbt zletzt - bessere Bildung mit gründlicher Aufklärung.
Warum Containment wichtig ist
Unsere Technik-Begeisterten, zum Beispiel DeepMind-Mitgründer Mustafa Suleyman oder Ray Kurzweil, einer der Google-Chefentwickler, können überzeugend darlegen, welche emormen Chancen sich mit der KI-Technik für die Menschheit eröffnen - in memoriam der Gründungsgrundsätze so vieler KI-Firmen, ganz besonders OpenAI, nur Gutes für die Menschheit zu tun und Schaden von ihr abzuwenden. Doch auch sie warnen eindringlich vor den Gefahren einer unkontrollierten Entwicklung und fordern ein nachhaltiges containment, auf deutsch Eindämmung.
Noblesse oblige - übersetzt für die BigTech-Konzerne: Gier verpflichtet. Viele Spitzen-Entwickler haben die Firmen verlassen gerade wegen dieser unbegrenzten Gier nach dem Big Money, z.B. Mira Murati, ehemalige Cheftechnikerin bei Open AI oder deren Gründungsmitglied Ilja Sutskever. Sie und viele andere haben sich entschieden, neue Firmen zu gründen, die sich ethischen Grundsätzen verpflichtet fühlen.
Das Waffenarsenal
Das Spektrum diskutierter Maßnahmen umfasst gesestzliche Regelungen mit Verboten, harte Politik mit Zwangsmaßnahmen, Selbstverpflichtungen der Entwickler, bildungsgestützte Aufklärung und Hoffnung auf den Sieg der Vernuft.
Regulierung
Alle Auguren scheinen sich einig zu sein, dass eine Regilierung der Technik erforderlich ist. Viele Experten sehen aber auch die Unfähigkeit der Nationalstaaten und die Unmöglichkeit der internationalen Politik.
Man kann es leider nicht halten wie in alten Zeiten die Katholische Kirche mit ihrer traditionellen Reaktion auf Häresie in hunderten, tausenden oder zig tausenden Statements nach dem Muster
Si quis dixerit ........ anathema sit
wobei die verbotenen Dinge dann nach Belieben bei den Punkten eingesetzt werden, alles unter den Kautelen einer starken Strafbewehrung: dem Kirchenbann und damit dem Ausschluss vom öffentlichen Leben. Tempi passati - vergangene Zeiten, über diese Machtfülle verfügt heute keine Organisation mehr. Gesetze erscheinen eher als Papiertiger, nach dem Muster des AI Act der Europäischen Union. Ihre Wirkung wird weiter geschmälert, weil führende Staaten das Hohelied der Deregulierung singen, wie aktuell die USA unter Trump und die Chinesen, die Vergleichbares nicht erst versucht haben.
Politische Maßnahmen
Die Politik kann Geld in die Hand nehmen und ausgewählte Entwicklungen fördern oder behindern. Beispiele dieser Art sind das 500 Mrd. US-Dollar schwere Starlink-Projekt der USA oder das vermutlich gleich teure vergleichbare Projekt von China. Beide streben die Weltführung in Sachen KI an. Entscheidend sind dabei die Rahmenbedingung der Geldausschüttung und natürlich deren Kontrolle.
In staatlicher Macht liegen auch organisatorische Maßnahmen. Aufschreckendes Beispiel das sog. Effizienz-Team von Elon Musk im Auftrag des Präsidenten Trump. Disruption pur. Motiv Bürokratieabbau. Behörden werden radikal durchgepflügt, Zehntausende entlassen, auf der Stelle.
Die EU-Zentrale
Gedankenausflug zum Bürokratiemonster Europäische Union: Eine humanisierte Methode des Bürokratieabbaus ist nicht in Sicht. Es ist vergleichsweise einfach, eine neue Behörde mit klarem Auftrag auf eine grüne Wiese zu setzen. Aber was wäre zu tun, einen eingefahrenen und durch viele Privilegien zusammengekitteten Apparat auf neue Ziele auszurichten? Mit Blick auf unsere Politiker bleibt dazu nur die Feststellung, es fehlt an Klarheit, Entschiedenheit und an Fähigkeit.
Selbstverpflichtung
Ethische Grundsätze haben schon viele Top-Entwicklerinnen und Entwickler bewogen, ihre zu gierig gewordenen Firmen zu verlassen. Einige von ihnen sind dabei, neue Firmen zu gründen. Beispiele: die ehemaligen OpenAI-Top-Leute Mira Murati und Ilja Suskever. Zu Hilfe kann ihnen kommen, dass das bisherige Erfolgs-Mantra immer größer immer teurer dabei ist, ein Auslaufmodell zu werden, wie Chinas DeepSeek eindrucksvoll zeigt.
Den Menschen, die sich an der Spitze der Technik-Entwicklung zur Einhaltung ethischer Grundsätze verpflichten, dazu Erklärungen verfassen, Organisationen und neue Firmen gründen, gebührt Respekt. Aber ist das schon ein containment für die Aktivitäten von Soziopathen , die von Gier oder Macht getrieben sind?
Wie weit es mit dieser Art von Selbstregulierung her ist, beweist eindrucksvoll das Verhalten der BigTechs, deren Chefs Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google) und Tim Cook (Apple) bei der Einführung Donald Trumps zu seiner zweiten Amtszeit mit unterwürfiger Mine in der ersten Reihe standen (nur Microsofts Chef Satya Nadella fehlte).
Sie alle sind dabei, die Grundsätze und Leitplanken für die eigene Künstliche Intelligenz grundlegend zu überarbeiten und aufzuweichen. Keine Rede mehr davon, auf die Erforschung von Technologien zu verzichten, die „Schaden verursachen oder wahrscheinlich verursachen“ könnten. In Googles am 4. Februar 2025 angekündigtem Update seiner AI Principles wird der Einsatz seiner KI-Technik für die Entwicklung von Waffen nicht mehr wie bisher explizit ausgeschlossen. Die veränderten Rahmenbedingungen durch die US-amerikanische Politik machen sich bemerkbar.
Bildung und Aufklärung
Kehren wir vor der eigenen Tür. Es steht schlecht um unsere Schulen und Hochschulen. Eine veraltete Pädagogik, fehlgeleitete Exzellenz-Kriterien, hohe Drittmittel- Abhängigkeit unserer Forschung, das systemische Versagen einer sich selbst gleichschaltenden Presse - ehemals als Vierte Gewalt wichtiger Baustein einer wehrhaften Demokratie. Personalentwicklung in unseren Unternehmen - eher eine Ausnahmeerscheinung, kaum Schulung. Viel zu wenig wird getan für das Erlernen eines selbstbewussten und kritischen Umgangs mit der neuen Technik.
Was zu tun ist
Es wird schwierig. Aber sich in die Ecke setzen und an der Welt verzweifeln hilft nicht weiter. Wir haben nicht die Macht, von oben ein System umzukrempeln. Da bleibt aber die bottom up-Ochsentour.
In er Rubrik Streiflichter dieser Website habe ich den Arzt und Molekularbiologen Michael Nehls mit seinem 22-Prozent-Plädoyer erwähnt: Er meint, wissenschaftlich sei bewiesen, dass 22 Prozent der Menschen sich mit nichts auf der Welt ihren gesunden Menschenverstand rauben lassen. Wenn nun jeder dieser 22 Prozent einen weiteren Menschen gewinnt, sich auch auf diesen gesunden Menschenverstand zu besinnen, dann wären wir schnell eine Mehrheit, gegen die nicht mehr gehen würde, eine Basis selbstbewusster Menschen, die sich kein X für ein U vormachen lassen, jeder für sich die Initiative ergreifen könnte für eine bessere Welt.
Bottom up heißt auch, weiter das Ziel zu verfolgen, über eine kompliziert gewordene Technik gründlich und kritisch zu informieren und aufzuzeigen, wie man dem Umgang mit der Technik so gestalten kann, dass man sich daran erfreuen und guten Gewissens stolz auf die mit Hilfe der Technik erzielten Erfolge sein kann.